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polar 21: Gegen die Angst

eBook - Wohin?, polar

Erschienen am 08.09.2016, Auflage: 1/2016
CHF 16,90
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593435046
Sprache: Deutsch
Umfang: 192 S., 9.59 MB
E-Book
Format: PDF
DRM: Digitales Wasserzeichen

Beschreibung

In Deutschland geht die Angst um. Obwohl es den Menschen hier vergleichsweise gut geht, scheint sie sich immer weiter auszubreiten: Angst vor dem Abstieg, Angst vor den Flüchtlingen, Angst vor dem Terrorismus. Sicherlich hat die wachsende Angst auch etwas mit den Ohnmachtsgefühlen in einer entgrenzten Welt zu tun, der man sich ausgeliefert fühlt. So neigen viele Menschen dazu, sich abzuschotten. Selbst die gut abgesicherte Mittelschicht entdeckt eine Sorge nach der anderen. Doch welche Angst bleibt eigentlich denjenigen, die am unteren Rand der Gesellschaft gefangen sind? Das neue Heft von "polar" fragt, woher die Angst kommt und wie wir ihr begegnen sollen. Ein Fortschrittsoptimismus, der nach wie vor gute Gründe auf seiner Seite hat, kann uns helfen.

Leseprobe

Liebe Leserin, Lieber Leser,die Angst grassiert momentan in den liberalen Gesellschaften. Angst vor den Geflüchteten. Angst vor dem Abstieg. Angst vor dem Terrorismus. Angst vor dem Kollaps. Aber welche Ängste sind eigentlich begründet? Und gegen welche Ängste müssen wir arbeiten, um andere nicht zu ihrem Opfer zu machen - und auch nicht uns selbst. Gegen die Angst.Darüber hinaus ist genau hinzuschauen, wo Angst nur behauptet wird, um die Ansprüche anderer abzuwehren und die eigene "Identität" aggressiv zu behaupten. Wer sich auf "Angst" beruft, beruft sich auf ein subjektives Gefühl, nicht auf eine äußere Tatsache. Gefühle aber sind nicht kritisierbar, und gerade deshalb sollten wir die Angshypothese nicht ungeprüft lassen. Gerade in Zeiten einer neuen "identitären" Bewegung und zunehmender gesellschaftlichen Polarisierung ist es zudem eine politische Notwendigkeit deutlich zu machen: Man kann Ängsten begegnen, sie sichtbar machen, bearbeiten und auch überwinden. Wer Angst hat, ist nicht per se im Recht. Die Angst darf nicht das letzte Wort haben.Angst steht in einem Zusammenhang mit dem "Unbeeinflussbaren" und auch "Unsichtbaren". Und so hat die wachsende Angst wohl auch etwas mit den Ohnmachtsgefühlen in einer entgrenzten Welt zu tun. Affekte der Abschottung und Restauration sind die Konsequenz. Diese Ausgabe sucht deshalb auch nach der Verteidigung der Demokratie und nach einer Zuversicht des Fortschritts, der trotz allem nach wie vor gute Gründe auf seiner Seite hat.In seinem Eröffnungstext beschreibt Heinz Bude, an welchen sozialen Stellen sich in unserer Gesellschaft ein diffuses Systemmisstrauen breit macht und proträtiert dafür Prototypen der neuen Verunsicherten (S.?9). Was passiert, wenn sich verunsicherte Mittelschichten in einen Bildungswettlauf begeben, um durch maximale Investitionen die höchste Förderrendite aus ihren Kindern heraus zu bekommen, beschreibt im Anschluss Florian Gülzau (S.?15). Micha Brumlik ergründet in seinem Beitrag das theoretische Fundament der radikalen Rechten und stößt auf "identitäre" Bezüge insbesondere bei Dugin, Evola und auch Heidegger (S.?20). Karsten Rudolph hinterfragt den Nutzen von mehr Bürgerbeteiligung für die repräsentative Demokratie und setzt sich dabei kritisch mit der Idee einer "Konsultative" (Leggewie/Nanz) auseinander (S.?31). Julian Krüper seziert in seinem Beitrag die schwierige Causa der Vorsorge, die in der Theorie Ratio und Emotio zugleich befriedigen soll - in der Praxis aber gerade die Juristen vor große Herausforderungen stellt (S.?34). Um Vorsorge geht es auch im Text von Lars Koch (S.?39), nämlich um die neue Sehnsucht nach Mauern als Schutz vor dem Fremden oder Anderen - in der Politik wie in der Popkultur. Sabine Bode begibt sich auf die Spuren der Kinder des 2. Weltkriegs und fragt sich, welche Schatten die frühen Gewalterfahrungen dieser Generation bis heute auf unsere Gesellschaft werfen (S.?49). Maja Bächler nimmt diesen Ball auf und untersucht in ihrem Beitrag den Kampfbegriff der "German Angst" (S.?56).Roland Schaeffer (S.?73) plädiert in zwanzig Thesen dafür, den alten Gegensatz von Sicherheit und Freiheit aus menschenrechtlicher Sicht zu überwinden und die Gesellschaft an der Herstellung ihrer Sicherheit zu beteiligen. Auch Christian Bommarius (S.?99) setzt sich in seinem Aufsatz mit dem Spannungsfeld von Sicherheit und Freiheit auseinander und warnt vor einseitiger Kriminalisierung und einer Fixierung auf Strafgesetzgebung. Sabine Rennefanz erzählt in ihrem sehr persönlichen Text zur "Wendegeneration" davon, wie es sich anfühlt, wenn Biografien durch historische Ereignisse durcheinander geschüttelt, Erfahrungen entwertet und Orientierungen genommen werden (S.?81). Um Ohnmachtsgefühle und enttäuschte Hoffnungen geht es auch bei Ina Kerner u. a., die gemeinsam mit ihren MitautorInnen für die Zuversicht einer "geselligen Gesellschaft" plädiert, für eine neue Kunst des Zusammenlebens (S.?91). Simon Strick beschreibt, wie es Donald Trump im US-Wahlkampf gelingt, die Ängste der Menschen für sich zu nutzen (S.?111). Die seelischen Widerstandskräfte in widrigen Lebenslagen beschreibt der Begriff Resilienz: Isabella Helmreich gibt einen Überblick über den derzeitigen Stand der Resilienzforschung (S.?115). Deniz Sertcan beschreibt Fremdenangst als Regression auf eine "konventionelle" Stufe der moralischen Entwicklung, obwohl diese Entwicklungsstufe eigentlich in der "postkonventionellen" Gesellschaft schon überwunden sei (S.?120).Daniel Drezner geht in seinem Aufsatz der Frage nach, warum Zombies das scheinbar am schnellsten wachsende Thema internationaler Beziehungen werden konnte (S.?145). Hito Steyerl fragt schließlich in seinem Beitrag danach, was die Kunst den Politiken der Angst und ihrer Ästhetik entgegensetzten kann (S.?162).Künstlerische Praxis zieht sich wie immer durch das ganze Heft: Im ersten und zweiten Teil skizzieren Zeichnungen der Musikerin und Malerin Catherine Lorent innere Angstzustände in Anlehnung an die Symbolik des Heavy Metal (S.?6). Von der Performer-Gruppe "Zentrum für politische Schönheit" stammen Bilder von Aktionen zu den Opfern der Flüchtlingskrise, insbesondere einer inszenierten Beerdigung vor dem Reichtstag (S.?64). Das Künstlerpaar Dellbrügge& de Moll thematisiert die Stellung der Künstler im Nationalsozialismus (S.?136). Im dritten Teil wird eine Performance des dänischen Künstlers Christian Falsnaes dokumentiert, bei der Randalierer das gut situierte Kunstpublikum einer Gruppenausstellung aufmischen (S.?158).Wir wünschen eine gute Lektüre und Keine Angst für niemand (Tocotronic)!Für die RedaktionPeter Siller, Bertram Lomfeld

Inhalt

InhaltZornWoher der Zorn? 9Die "Abgehängten" und "Verbitterten" in der GegenwartsgesellschaftHeinz BudeUnter Stress 15Die Bildungspanik der MittelschichtenFabian GülzauIdentitäre Bezüge 20Dugin, Evola und immer wieder HeideggerMicha BrumlikAngst der/vor dem Bürger 31Eine kritische Bilanz der Bürgerbeteiligung für die repräsentative DemokratieKarsten RudolphRechtsrisiko Angst 34Gefahr, Risiko und Restrisiko als hochpolitische KategorienJulian KrüperDesiring Walls 39Über das kollektive Imaginäre einer Architektur der AngstLars KochIst es links?:>Glück< 46Stefan Huster/Arnd Pollmann/Ulrike Meyer/Peter SillerWie lang sind die Schatten? 49Was Generationen erben könnenSabine BodeWie German ist die Angst? 56Entstehungsgründe einer schillernden RedewendungMaja BächlerDer wahre Text:>Angst vor< 60Neue Berliner SprachkritikHallo Karthago/Hallo Rom:>In erschöpfter Umarmung< 62Susann Neuenfeldt/Simon StrickZuversichtGegen eine Politik der Angst 7320 Thesen zu einer menschenrechtsorientierten SicherheitspolitikRoland SchaefferLinks liegen gelassen 81Die stille Wut der WendegenarationSabine RennefanzEine gesellige Gesellschaft 91Für eine neue Politik der KonvivialitätFrank Adloff, Sérgio Costa, Ina Kerner und Andrea VetterInnere Sicherheit? 99Das Recht im Griff der AngstpolitikChristian BommariusBacklash 111Trump und das Lachen der AngstSimon StrickZum Beispiel Freundschaft 115Zur Stärkung unserer WiderstandskräfteIsabella HelmreichDer Fremde in mir 120Von der postkonventionellen Abspaltung der eigenen ÄngsteDeniz SertcanMein halbes Jahr>Literatur< · Lars Bullmann 124>Musik< · Johannes von Weizsäcker 126>Film< · Matthias Dell 128>Comic< · Peter Siller 130ZombieUntote Tropen 145Die Zombieapokalypse im öffentlichen Diskurs der USADaniel W. DreznerDen Verstand fest verschlossen 162Kunst im Zeitalter der AngstHito SteyerlLeben im Kapitalismus:>Gartenstadt im Krisengebiet< 170Ina KernerBildpolitik:>Viraler Ausnahmezustand< 172Martin SaarSchönheitenInnen vor Außen 177Stefan Zweigs Novelle AngstLuisa BankiBeschwörungsformeln 178Aufgeklebt: Show you are not afraidAnn-Charlotte GünzelSchädelbohrungen 179Die Serien Sense8 und Wayward PinesBirte MühlhoffBe Prepared 180Jeff Nichols Take ShelterFranziska HumphreysWas heißt eigentlich Fliegen? 181Herzogs Die große Ekstase des Bildschnitzers SteinerJohannes KleinbeckSchmetterling, Bär und Känguruh 182Blumfelds Testament der AngstElias KreuzmairVorstadthölle 183Philip K. Dicks The Man in the High CastleChristian Meskó(Un-)Tiefen der Angst 184Falk Richters FEAR an der Schaubühne BerlinUlrike MeyerBis hierher 185Mathieu Kassovitz' Meisterwerk La HaineChristoph RaiserVor der Weltverschwörung 186Christian Krachts und Ingo Niermanns MetanPatrick ThorRoundtable 188Autorinnen und Autoren 190Impressum 192

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