Beschreibung
Hier fühle man sich wie im Labyrinth von Minotauros, notiert der Versicherungsangestellte Thomas Waller in sein Tagebuch. Das Geschäftshaus der Perduta-Versicherung hat es in sich. Man verläuft sich im Gewirr von Wänden und Möbelstücken, Teppiche verschlucken die Schritte, das Treppenhaus ist mit einer Alarmanlage gesichert. Waller, Anfang 30, registriert an sich sonderbare Symptome, über die er genauestens Buch führt. Zu seiner psychischen Verwirrung gesellen sich körperliche Merkwürdigkeiten. Finger und Augen versagen dem talentierten Flötisten beim Spiel den Dienst, zeitweise verliert er seine Stimme. Der Körper wird Waller fremd, sein Leben droht ihm zu entgleiten. Der ärztlichen Diagnose einer larvierten Depression begegnet er mit abwehrender Ironie. Als ein Konflikt mit seiner Frau Mathilda eskaliert und in Gewalt endet, flieht Waller auf der Suche nach Einfachheit und Ursprünglichkeit in ein Bergdorf im Jura. Bei E., einer stumm gewordenen Sängerin, hofft er, seinen Grundton wiederzufinden. Rudolf Bussmanns Roman 'Der Flötenspieler', erstmals 1991 publiziert, ist ein eindrucksvolles Werk über eine fortschreitende Selbstentfremdung. Dicht erzählt in wechselnden Stillagen zwischen beissendem Spott und zarter Naturpoesie, und unterlegt mit Motiven aus der griechischen Mythologie, bilden Thomas Wallers Aufzeichnungen einen zeitlosen Gang in die Unterwelt der eigenen Psyche.
Autorenportrait
Rudolf Bussmann, 1947 in Olten geboren, studierte Germanistik, Romanistik und Geschichte. Nach der Promotion bildete er sich zum Gymnasiallehrer aus und begann neben seiner Tätigkeit an verschiedenen Berufs- und Höheren Fachschulen zu schreiben. Er verfasst Romane, Kurzprosa, Lyrik und ist als Herausgeber und Übersetzer tätig. Zuletzt erschienenen sind der Roman "Das andere Du" (edition bücherlese, 2016), der Gedichtband "Ungerufen" (edition bücherlese, 2019) und der Reise-Essay "Herbst in Nordkorea" (2021). Rudolf Bussmann lebt in Basel.