Beschreibung
Diese Ausgabe präsentiert die ideengeschichtlich kommentierte deutsche Erstübersetzung der Antisozinianischen Schriften, welche Comenius 1659 bis 1662 in Amsterdam lateinisch veröffentlichte. Es handelt sich hier um zehn Einzelschriften. Der mährische Pansoph führt darin eine engagierte Kontroverse mit nicht weniger engagierten Sozinianern, den Trinitätskritikern seiner Zeit, welche als Vorläufer der rationalistischen Aufklärung zu betrachten sind. Besagte Sozinianer sind Comenius von früher Jugend an persönlich bekannt. Des öfteren versuchten sie ihn, den renommierten Pädagogen, auf ihre Seite zu ziehen. Er widerstand jedoch ihren Verlockungen, weil er deren Kritik an der philosophisch reflektierten Trinität, die als erregender Anfang, gestaltende Mitte und erfüllendes Ziel die ontoanalogische Basis seines universal konzipierten Reformprojektes darstellte, nicht akzeptieren konnte. Comenius hat konfessionalistisches Cliquen-Bewusstsein in sich überwunden. Dies zeigt sich u. a. darin, dass er als Bischof der Böhmisch-Mährischen Brüder den katholischen Raymundus von Sabunde (†1436) als Argumentationshilfe gegen die sozinianische Priorisierung der formalen Logik ins Feld führt. Er überarbeitete dessen Natürliche Theologie und brachte sie in gut lesbarer Fassung als Auge des Glaubens heraus. Was er an Raymundus besonders schätzte, war dessen neuplatonisch inspirierte Darlegung der unlösbaren Verbundenheit von Welt-, Selbst- und Gotteserkenntnis. Die Brisanz der Antisozinianischen Schriften besteht, allgemein gesagt, darin, dass sie einen (allzu lange) marginalisierten wirksamen Impuls zur post-nihilistischen Identitätsfindung darbieten.
Autorenportrait
Der Autor: Johann Amos Comenius (tschechisch: Jan Amos Komenský; 1592-1670), weitherziger Humanist und Theologe, in den Wirren der Gegenreformation Bischof der (dem Hussitischen entstammenden) Bömisch-Mährischen Brüder, gilt als Begründer neuzeitlicher Pädagogik. Noch nicht rezipiert ist sein universales Reform-Konzept, das Politik, Wissenschaft und Religion in ontotrinitarischer Integralität auffasst. Sein Versuch, das trinitarische Seinsverständnis gegenüber den rationalistisch denkenden Sozinianern zu bewahren, stellt, von daher betrachtet, keine obsolete Verteidigung eines obsoleten Theologumenons dar.
Der Herausgeber: Erwin Schadel, geboren 1946, ist Leiter der Forschungsstelle «Interkulturelle Philosophie und Comenius-Forschung» an der Universität Bamberg und Autor verschiedener Veröffentlichungen zum Themenkreis einer trinitarischen Metaphysik.