Beschreibung
Der Lebensweg mancher Männer erscheint so geradlinig wie der eines Armbrustbolzens auf seiner Reise ins Herz des Feindes. Andere wiederum taumeln suchend durch die Welt wie ein Zecher in der Nacht der Lenzfeier, ohne je ihre Heimstatt zu finden. Das Leben mancher Menschen ergibt einen perfekten Kreis. Das Leben anderer gleicht in seiner Form allenfalls Erbrochenem auf dem rauen Bretterboden einer zwielichtigen Spelunke. Gar fadisierend kommen die Legenden großer Heroen daher: Drache raubt Jungfrau. Held tötet Drache. Hochzeit. Vorhang fällt. Wie lächerlich! Heutzutage sind die Drachen ausgestorben, zumindest in Ravendien, und das Publikum kapriziert sich auf derart romantische Vorstellungen, um sich für eine Kupferkrone beim Dult vor staubigen Jahrmarktbühnen daran zu ergötzen. Hochgebildete Herrschaften wie die geneigten Leser meiner Chroniken wissen natürlich, dass dies Ammenmärchen sind, da Jungfrauen bei Drachen völlig andere Begehrlichkeiten wecken. In meiner Jugend begab es sich, dass einer der letzten noch lebenden Drachen eine Jungfrau raubte. Ritterkönig Kamrau von Prack höchstselbst jagte und erlegte die Bestie. Eigentlich verlief es wie immer: Drache raubt Jungfrau. Held tötet Drache. Begräbnis. Kein Vorhang. Alles, was man im Magen des Ungeheuers noch fand, war ein Keuschheitsgürtel aus glänzendem Zwergenstahl, den wir in Ermangelung einer Jungfrau feierlich beisetzten. Das Heldenepos, das ich Ihnen, werter Leser, fürderhin schildern mag, kommt keineswegs derart schablonenhaft daher. Selbstverständlich erblicken wir einen jungen Helden, wie er die Bretterbühne der Vorsehung betritt, seine Bestimmung erfährt und ihr geradlinig wie erwähnter Bolzen folgt. Ohne Frage triumphiert am Ende das Gute über das Böse und irgendjemand heiratet, bevor der Vorhang fällt. Hier künstlich einen Spannungsbogen erzeugen zu wollen, deucht mir heuchlerisch, zumal Sie sich selbst ausmalen können, dass ich schwerlich all jene Ereignisse beim Genuss guten Weines einem kurzsichtigen Mönch diktieren könnte, hätte ich die epische Schlacht nicht überlebt. Ich behaupte, es steht auch außer Frage, dass das Leben unseres Helden einen perfekten Kreisbogen schlägt, der die Katharsis der letzten Jahrtausende darstellt - sollten sich Jahrtausende derartige Leidenschaften überhaupt vergönnen. Bevor Sie mir Euphemismen vorwerfen, sollten Sie sich am besten zuerst ihr eigenes Urteil bilden. Völlig wesensfremd wäre es mir, meine Chronik mit besagten Klischees zu überfrachten, die Figuren zu überhöhen, oder gar faktisch zu übertreiben. Ich, Amor do Ahpla, König von Zond, Chronist, Weltenbummler, Geschichtenerzähler und ein schlechter Mensch, schwöre hiermit feierlich, dass folgender Bericht die reine, unausgeschmückte Wahrheit darstellt, wie ich sie selbst erlebt habe. Sollte ich zum Beispiel beschreiben, wie der Zwergenkönig mit einem einzigen Streich seiner Streitaxt sieben Orks enthauptete, dann hat sich das auch exakt so abgespielt. Vielleicht waren es bloß fünf, halte er den Mund! Stupider Mönch! Oder auch nur zwei, bei den Göttern, es herrschte verdammt noch mal tiefste Nacht! Und wie oft habe ich ihm schon erklärt, dass er nicht jedes Wort mitschreiben soll, das ich ihm nicht ausdrücklich diktiere? Närrischer Schwannendrücker! Die Religion hat ihm wohl das Hirn zersetzt, den letzten Absatz streiche er gefälligst, was wirft das denn für ein Licht auf... Na warte! Auch noch frech werden, dich werde ich Mores lehren, du... Wirklich faszinierend ist weder die Saga per se, noch der große Held, da beide genretypischen Zwängen folgen. Warum kennen wir in den über 200 Bänden unserer Weltliteratur kein einziges großes Heldenepos, das am Ende nicht gut ausgegangen wäre? Weil es dann unsere übel riechenden Antagonisten verfasst hätten und nicht wir! Faszinierend ist lediglich, auf welch unglaubliche Weise all dies geschah.Alpha O'Droma, geboren 18.06.1963 in Berlin. Nach dem Abitur studierte er BWL/Marketing, brach das Studium ab, um dann einer Arbeit als City Boy nachzugehen (Warentermingeschäfte), Daraus ergab sich logischerweise dann eine Karriere als Berufsspieler, bis er schließlich einen Billardsalon in Kreuzberg eröffnete. Unmittelbar nach dem Mauerfall hat Alpha O'Droma alles verkauft und wanderte 1990 einen Tag nach dem Endspiel in Rom aus, um der unweigerlich folgenden Ernüchterung zu entgehen. Die schamanistische Lehre eines Sadhus in Rajastan eröffnete ihm völlig neue Sichtweisen des Universums und lehrte den elitären Schnösel dereinst Demut, denn sie entlarvte seine arrogante Rationalitätsbesessenheit als das was sie war: Angst vor der Wahrheit, die man lauthals vorgab zu suchen! Der folgende Sinneswandel trieb seine Blüten in einer langen Reise durch Asien und sich selbst. Ob als Pferdeknecht für den Maharaja von Udaipur, als Komparse in Hong Kong Filmen, als Orangenpflücker in Australien oder als schrulliger Umweltapostel im Thai-TV, immer folgte Alpha O'Droma der Maxime seines Gurus, stets zu werden und nie zu sein. Dennoch blieb ein Restzweifel im dichten Netz seines Intellekts haften: Wenn das Selbst eine Illusion ist, warum muss ich es dann so oft rasieren? Schließlich ließ er sich auf einer Insel im Golf von Siam nieder, um dort eine Schule zu bauen und Paviane zu studieren sowie viel kontemplative Zeit in buddhistischen Klöstern zu verbringen. Macht seitdem einen auf Sendungsbewusstsein, ist aber in Wahrheit nur ein bekennender Klugscheißer. Pleite gegangen 1998 mit Asienkrise. Seit 2000 wieder in Europa. Spielt gerne nackt Luftgitarre zu B52s. Sportbekloppter Hippie der guten alten epikureischen Schule. Taugt zu nichts außer Schriftsteller ...
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