Beschreibung
Dieses Buch stellt sich die Aufgabe, die Bedeutung der Kunst im weit ausgreifenden und horizontalen Denken Martin Heideggers zu kennzeichnen. Im Lichte der 1989 aus dem Nachlaß veröffentlichten „Beiträge zur Philosophie“ soll der Kunstwerkaufsatz aus den dreißiger Jahren neu interpretiert und Rückschlüsse auf die Vorträge über den „Ursprung des Kunstwerks“ ermöglicht werden. Nicht die Autonomie der Kunst ist für Heidegger leitend, sondern die Kontaminierung der Bereiche der Wissenschaft (als Technik), der Philosophie (als Metaphysik) und der Kunst (als Ästhetik). Dabei ist er sich immer bewußt, daß das Denken das Kunstwerk nie vollständig denkerisch einholen kann. Die Ablehnung einer Kunsttheorie, die auf die theoretische Erklärung einzelner Werke ausgeht, hat wiederum Rückwirkungen auf das, was philosophische Reflexion zu leisten vermag – nämlich das gemeinsam Unbewußte und Verstellte aller bisherigen Fragen nach Kunst, Wissenschaft und Philosophie in eine bewußte Fraglichkeit zu rücken. Dies ist nach Heidegger nur durch die Frage nach dem geschichtlichen Sinn oder der Wahrheit des Seins möglich. Solchermaßen steht diese Frage mit derjenigen nach dem „Ursprung des Kunstwerks“ in enger Verbindung. Nicht das einzelne Kunstwerk, sondern das geschichtliche Sein von Kunst, die Kunst in ihrer Wirklichkeit und Möglichkeit innerhalb der menschlichen Bewandtnisganzheit steht also für Heidegger in Frage. Diese Frage befindet sich schon im Bereich der Wahrheit, deren Eigenart es nach Heidegger ist, eine solche Ganzheitlichkeit hervorgehen zu lassen. Die fragende Annäherung an den Ursprung des Kunstwerks macht sowohl auf unseren Umgang mit Kunst, sowie mit anderen Inhalten unserer geschichtlichen Lebenswirklichkeit und schließlich auch auf die Verfaßtheit unseres eigenen Daseins aufmerksam. Die Frage nach der Kunst ist eine perspektivische Möglichkeit, den Sinn von Sein im Ganzen fragwürdig zu machen – denn um diese Frage und ihren Wahrheitsbezug geht es Heidegger. In der Besonderheit der Kunst, diese Frage zu ermöglichen, liegt ihre seinsgeschichtliche Bedeutung.