Beschreibung
Die Entdeckung des frühmittelalterlichen Gräberfelds bei Flaach (Kt. Zürich) zu Beginn der 1990er-Jahre ist der Luftbildarchäologie zu verdanken. Auch die Baggerarbeiten, die 1997 zu einer Rettungsgrabung und zur Aufdeckung von 23 Gräbern (westliche Gräbergruppe) führten, beobachteten Mitarbeiter der Kantonsarchäologie bei einem Prospektionsflug. Ende der 1990er-Jahre wurden dann im Rahmen der Luftbildprospektion weitere Gräber entdeckt und 2002/03 konnten bei einer Inventarisationsgrabung 13 Gräber (24–36) eines grösseren Bestattungsareals untersucht werden.Während die Gräber 1–23 einen Zeitraum von der Mitte des 5. Jh. bis in die Zeit um 500 belegen und eindeutig dem 6. Jh. zuzuweisende Bestattungen fehlen, sind die Gräber 24–36 in die zweite Hälfte des 6. und ins erste Drittel des 7. Jh. zu datieren. Die Ergebnisse der Luftbildprospektion und der geophysikalischen Messungen weisen aber daraufhin, dass es sich um Teile eines bedeutend grösseren Bestattungsplatzes handelt. Die jüngeren Gräber sind im Gegensatz zu den älteren stark beraubt und fügen sich in das bekannte Bild ein. Für das Gebiet südlich des Hochrheins bisher einzigartig sind hingegen die älteren Gräber (1–23), die vor allem auf Grund der Ausstattung der Frauen- und Mädchengräber einer germanischen Bevölkerungsgruppe zuzuweisen sind. Sie umfassen zehn Bestattungen von Frauen, fünf von Männern und drei von Kindern (davon zwei Mädchen), bei fünf weiteren Bestattungen von Erwachsenen bleibt das Geschlecht unbestimmt. Der Nachweis eines verknöcherten Kropfs ist anthropologisch von besonderem Interesse.Zu den Inventaren der Männergräber zählen Gürtel und Gürteltasche mit Inhalt sowie im Kammergrab 2 ein Keramikgefäss mit Glättdekor, währenddem Waffen fehlen. Reiche Inventare finden sich dagegen bei den Frauengräbern, von denen fünf Bügelfibelpaare, drei auch Kleinfibelpaare bzw. eine einzelne Kleinfibel enthalten. In einem Frauengrab liegt an Stelle eines Bügelfibelpaars ein Kleinfibelpaar vor. Unter den Bügelfibelpaaren ist ein Exemplar mit rhombischem Fuss wohl donauländischer Herkunft, ein weiteres mit geradem Fuss, zu dem eine sehr enge Parallele auf dem Runden Berg bei Urach (D) vorliegt, sowie ein Zangenfibelpaar zu nennen, das Verbindungen nach Mitteldeutschland zeigt. Vielfältige Kontakte sind auch in weiteren Beigaben, etwa den Kleinfibeln, zu erkennen, wobei unter den Tierfibeln zwei singuläre Typen (Vogel/Fisch und Löwe?) hervorzuheben sind.
Autorenportrait
Renata Windler ist Ressortleiterin der Kantonsarchäologie Zürich. Sie studierte in Basel und München u.a. Frühgeschichte und Mittelaltergeschichte und promovierte in Frühmittelalterarchäologie. Forschungsschwerpunkte sind die Siedlungs- und Landschaftsentwicklung von der Spätantike bis ins Hochmittelalter.