Beschreibung
Wie kaum ein anderer Schriftsteller hat Karl Kraus zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Vielgestaltigkeit der Erotik gegen die Anmaßung des Staates verteidigt, sich als Sittenwächter aufzuspielen. Und es gab wohl kaum ein dringenderes gesellschaftliches Thema, das 'der Meister des giftigen Spotts' (Stefan Zweig) so nachhaltig im Witz eines Aphorismus aufgelöst hat. 'Sittlichkeit und Kriminalität' versammelt Aufsätze und Notizen, in denen sich Kraus mit Justiz und Moral und mit einer Gerichtspraxis auseinandersetzt, in der das Sexualleben der Angeklagten lüstern aufgeblättert wird, um es so in der Öffentlichkeit breitzutreten. Kraus war überzeugt, dass Sexualität, solange sie aus freiem Entschluss zwischen erwachsenen Menschen stattfindet, niemand anderen etwas angeht - weder Presse noch Staat. Angesichts der aktuellen Debatten um die Sexarbeit und einer neu aufflammenden Homophobie sind die Satiren von Karl Kraus aktueller denn je.
Autorenportrait
Karl Kraus (1874-1936) war österreichischer Satiriker. In den fast tausend Nummern seiner Zeitschrift 'Die Fackel' entlarvte er wortgewaltig die Doppelmoral seiner Zeit, die Phraseologie der Presse und einen verkommenen Literaturbetrieb. Aufgrund seines großen Dramas über den Ersten Weltkrieg, 'Die letzten Tage der Menschheit', wurde er von Professoren der Pariser Sorbonne für den Friedensnobelpreis und den Literaturnobelpreis vorgeschlagen.