Beschreibung
Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Theaterwissenschaft, Tanz, Note: 1,0, Ludwig-Maximilians-Universität München (Institut für Theaterwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Viscontis Filmwerke werden in der Reihe der italienischen Klassiker meist als Elemente der Neorealismusbewegung betrachtet. Dies gilt keineswegs für sein Gesamtwerk. Ein paar wenige Filme funktionieren über dieselben Mittel, stehen in ähnlicher filmhistorischer Tradition und müssen dennoch voneinander unterschieden werden. So könnten Il Gattopardo und Senso je als Historiendrama verstanden werden, obwohl sie primär Literaturverfilmungen sind, die sich eines historischen Kontextes bedienen. Im Kern sind sie Tragödien des menschlichen Lebens, in denen die Protagonisten in politischem Zwiespalt stehen und an gesellschaftlichen Konventionen oder vorgeschriebenen Lebenskonzepten scheitern. Die Diskussion um die Genrefrage ist keine neue, und in gewisser Weise ist die genaue Genredefinition hier beinahe irrelevant. Die zwei Filmwerke bedienen sich sämtlicher Klischees der Historien- und Kostümfilme, scheinen gleichzeitig aber, wie oben erläutert, gleichermaßen melodramatisch und besitzen nur bedingt historische Relevanz. In dieser Arbeit wird die Frage nach der Ästhetik in Viscontis Historiendramen gestellt. Beide Filme stehen in politischem Kontext und sind seit ihrem Erscheinen der Kritik ausgesetzt, sie seien manieriert und wiesen einen pessimistischen Ästhetizismus auf. Doch hier kommt die grundsätzlich undifferenzierte Definition des Manierierten und des Manierismus zum Tragen. Der Begriff, der aus der Kunstgeschichte geprägt, seit Mitte des 20. Jahrhunderts flächendeckend und spartenübergreifend verwendet wird, hat mittlerweile einen negativen Nachklang. Doch aus kunsthistorischer Sicht ist die Manieriertheit eines Objektes gerade nicht negativ besetzt. Woher kommen diese Vorwürfe an Visconti, er praktiziere den Manierismus, seine Ästhetik sei pessimistisch und dem Dekor verfallen? Nachfolgende Untersuchung kann sich nicht auf die Ansichten des Regisseurs richten, der von einem Realismuskonzept ausgeht: stattdessen soll im Folgenden eine objektive Betrachtung dessen unternommen werden, wie die poetische Logik in Viscontis Filmwerken mit den oben genannten Stilmitteln verzahnt ist. Entscheidend hier wird die Annahme, Manierismus sei kein rein ikonographisch praktiziertes Stilmittel, sondern sehr wohl auch ein narratives.