Beschreibung
Die Gewaltvergangenheiten des 20. Jahrhunderts sind in vielen lateinamerikanischen Staaten noch immer präsent und gehen einher mit anhaltenden Kämpfen um die Deutungshoheit der Geschichte (batallas de la memoria). Mit der Erinnerung an Militärdiktaturen, Staatsterrorismus und Krieg sowie den gesellschaftlichen Folgen setzt sich neben Politik und Gesellschaft auch die neue und neueste lateinamerikanische Literatur aktiv auseinander. Am Beispiel von sechs Erzähltexten aus Argentinien und Guatemala zeigt dieser Band, wie sich postdiktatorische Schriftstellergenerationen den Traumata der Vergangenheit aus einer gegenwarts- und zukunftsorientierten Perspektive stellen. AutorInnen beider Länder haben einen innovativen Umgang mit dem Erbe der jüngsten Vergangenheiten gefunden. Sie erschreiben eine Wahrheit zwischen Fiktion und historiographisch-autobiographischem Material, inszenieren das persönliche Erleben einer katastrophalen Vergangenheit als eine kollektiv geteilte Erfahrung und setzen sich aktiv mit erinnerungskulturellen Problemen auseinander. Die narratologische Analyse bringt die Diskurse der beiden Länder in einen transnationalen Dialog und liefert Erkenntnisse zur Funktion von Literatur innerhalb der Erinnerungskultur. Ausgehend von den untersuchten Romanen und Erzählungen lassen sich drei Erzählmuster definieren, welche ins Verhältnis zu unterschiedlichen erinnerungskulturellen Wirkungspotentialen der Texte gesetzt werden. Abgerundet wird die Untersuchung durch Interviews mit drei der behandelten Autoren, sodass diese - in zugleich aufschlussreicher und unterhaltsamer Form - auch selbst zu Wort kommen.