Ihre einst dominante Rolle in den Gattungssystemen der europäischen Literatur hat die literarische Aphoristik eingebüßt. Diese Studie will begründen, warum zeitgenössische Aphoristik traditioneller Art oft epigonal ist, und zeigen, wie der Dichter Elazar Benyoëtz mit ihren Konventionen bricht. Denn wie in ungleich breiteren Strömungen der jüngeren Philosophie wird in Benyoëtz' Werk der individuelle 'Andere' gegenüber dem 'Selbst' aufgewertet. Wird 'der Andere' in der traditionellen Aphoristik vorwiegend über die Entlarvung kollektiver Klischees angesprochen, so nutzt Benyoëtz dieses Individualisierende aphoristischer Rede zu einer Individualisierung 'des Anderen'.