Beschreibung
Ergänzend zu den nunmehr in rascher Abfolge erscheinenden Übersetzungen bei diaphanes soll dieser Band die unterschiedlichen Werkphasen Guyotats, die Verschränkung von Zeitgeschehen, Biographie und Werk erfahrbar machen. Spätestens mit der Zensur seines Romans 'Éden, Éden, Éden' 1970, woraufhin sich zahlreiche namhafte Intellektuelle für den Autor einsetzten, kam seinem Werk nicht nur in Frankreich immense Beachtung zu. Auf eine Phase äußerster Produktivität folgte eine Periode, die durch schwere Depressionen geprägt war und 1981 in einem Zusammenbruch kulminierte. Die Überwindung dieser Krise thematisierte Guyotat in seinem Buch 'Coma' (2006), für das er den Prix Décembre erhielt und das in Frankreich ein großer Publikumserfolg wurde.Immer wiederkehrende und nachhaltig verstörende Aspekte und Themen von Guyotats Literatur sind überwältigende körperliche und sexuelle Grausamkeit, Pornographie, Prostitution und Sklaverei als die elementarsten Bekundungen der biologischen Existenz und der Conditio humana. Guyotat hat immer wieder Einblicke in diese Fragen gegeben und sich ihnen in zahlreichen Interviews und autobiographischen Äußerungen gestellt. Spätestens mit 'Formation' erscheint eine neue, vordergründig klassisch autobiographische Schreibweise als neue Facette in Guyotats Werk, bei der das eigene Schaffen und die dahinterstehenden Triebkräfte im Gestus der Selbstexegese immer wieder erläutert, motiviert, behauptet werden. Zugleich geht er mit jedem Werk sprachschöpferisch völlig neue Wege.
Autorenportrait
Pierre Guyotat gilt als Frankreichs letzter 'poète maudit', als geistiger Verwandter von de Sade, Lautréamont, Bataille, Artaud. Seit früher Jugend schriftstellerisch tätig, veröffentlichte er 1960 seinen ersten Roman 'Sur un cheval'. Im gleichen Jahr wurde er in den Krieg nach Algerien einberufen, wo er 1962 wegen Aufrufs zur Desertion und der Verbreitung verbotener Schriften in Haft kam. Der Roman 'Tombeau pour 500.000 soldats' entstand nach Kriegsende zwischen 1963 und 1965 und erschien, nachdem er bei anderen Verlagen abgelehnt worden war, 1967 bei Gallimard, stand zeitweise auf dem Index und machte den Autor auf einen Schlag bekannt. Heute ist das Buch in zahlreiche Sprachen übersetzt.