Beschreibung
… Es war ein Land, wo bliebst du Zeit?,
da wogte der Roggen, wie See so weit.
Da klang aus den Erlen der Sprosse Singen,
wenn Herde und Fohlen zur Tränke gingen.
Hof auf, Hof ab, wie ein Herz so sacht,
klang das Klopfen der Sensen in heller Nacht.
Und Heukahn an Heukahn lag still auf dem Strom,
und geborgen schlief Stadt und Ordensdom.
In der hellen Nacht, der Johannisnacht!
Es war ein Land, im Abendbrand,
Garbe an Garbe im Felde stand.
Hügel auf, Hügel ab, bis zum Hünengrab
standen die Hocken, brotduftend und hoch,
und drüber der Storch seine Kreise zog.
So blau war die See, so weiß der Strand
und mohnrot der Mond am Waldrand.
In der warmen Nacht, der Erntenacht.
Es war ein Land, der Nebel zog
wie Spinnweb, das um den Wacholder flog.
Die Birken leuchteten weiß und golden,
und korallen die schweren Quitschendolden.
Die Eichen knirschten bei Deinem Gehen
in den harten Furchen der Alleen.
Ein Stern nur blinkte, fern und allein,
und du hörtest im Forste die Hirsche schrein.
In der kalten Nacht, der Septembernacht.
Es war ein Land, der Ostwind pfiff,
da lag es still wie im Eis das Schiff.
Wie Daunen deckte der Schnee die Saat,
und deckte des Elches verschwiegenen Pfad.
Grau fror die See an vereister Buhne …
Agnes Miegel
WOLFGANG VON CABALLUS flieht mit seiner Familie im Winter 1945 vor der russischen Armee aus Ostpreußen. In einem kleinen Dorf in der Eifel baut sich der ehemals mächtige Gutsbesitzer eine neue bescheidene Existenz auf. Seine Träume und seine Sehnsüchte vermittelt er seinem Enkel.