,Heteronome Texte sind Texte, die bewusst in Abhängigkeit von und, damit verbunden, in eine je aktualisierende Auseinandersetzung mit alten, autoritativen und kanonischen Texten treten. In Antike und Mittelalter haben solche Texte einen wesentlichen Beitrag zur Herausbildung der geistigen Grundlagen Europas geleistet, indem sie durch die Auswahl und Verarbeitung auf verschiedenen Ebenen wissenschaftlich, kulturell, formal, ästhetisch eine ihnen eigentümliche ,Autonomie ausbildeten und so die Entwicklung und Entfaltung der in den Vorlagen enthaltenen Wissenschaftsgebiete, kulturellen Traditionen und religiösen Vorstellungen entscheidend förderten. Dieser Prozess betrifft Philosophie und Literatur, Jurisprudenz und Medizin ebenso wie die Theologie der abrahamitischen Religionen.
Gleichwohl sind die verschiedenen Textformen dieser Gruppe Kommentare, Paraphrasen und Synopsen ebenso wie Handbücher, Lexika, Chroniken, Epitomen, Anthologien, wiedererzählte Romane und selbst Übersetzungen bisher nicht unter dem sie verbindenden Aspekt der Heteronomie wahrgenommen worden.
Der vorliegende Band bietet anhand von zehn Studien zu zentralen heteronomen Texten aus den genannten Disziplinen exemplarische Einblicke in die Vielfalt und Fülle dieser Textgruppe.