Beschreibung
Wilder Kaiser. Zahmer Kaiser. Hohes Licht, Krottenkopf, Hochvogel, Heiterwand. Als Kind wurde Clara von ihrem sportbegeisterten Bruder Paul trainiert, ihm die Bergnamen der Reihe nach herzusagen. Mit Anfang vierzig kommt sie vom toskanischen Gut nach Österreich zurück: Paul hat sie gebeten, ihm beim Räumen der elterlichen Wohnung in Wien zu helfen, da er sie seinem Freund Leo vermieten will. Im Glasturm eines Tiroler Hotels, den Bergen ganz nah, macht sie Station; obwohl die Eltern in nächster Nähe leben, schafft sie es nicht, sie zu besuchen. Clara ist seit ihrem achten Lebensjahr gehörlos, sie, die einst vielversprechende Musikerin, arbeitet nun als Gemälderestauratorin. Auch in der Wiener Wohnung lebt die Vergangenheit auf. Sie erinnert sich an Großes und Kleines, und wie sie durch ewiges Üben die Sprache "sehen" lernte, indem sie den Menschen die Wörter von den Lippen ablas. Dann ist Paul plötzlich weg, und Clara findet sich mit Leo konfrontiert, der sie an Stalin erinnert und dubiosen Geschäften nachgeht. Wie sich die Protagonistin in ihrer "Hinterglaswelt" einen Platz unter den Hörenden verschafft, beschreibt Ursula Wiegele virtuos; mit der gehörlosen Clara bildet sich die Sprache wie neu. Ein stiller Roman, der von sich hören machen wird!