Beschreibung
Das 1934 gegründete Reichsfilmarchiv markiert den Beginn einer flächendeckenden und staatlich organisierten Filmarchivierung in Deutschland. Von den Nationalsozialisten zunächst als "Kulturarchiv" und Inspirationsquelle für Filmschaffende und -forschende konzipiert, wandelten sich die Aufgaben des Reichsfilmarchivs während des Zweiten Weltkriegs. Nachdem erbeutete Filme aus den besetzten europäischen Staaten seine Sammlungen stark anwachsen ließen, wurde das Archiv 1945 selbst zur Kriegsbeute: Alliierte Spezialisten bemächtigten sich seiner Bestände und ließen diese zum Teil ins Ausland abtransportieren. Während beschlagnahmtes Filmgut aus den USA an die Bundesrepublik Deutschland restituiert werden konnte, lagern zahlreiche Filme und Unterlagen aus dem Reichsfilmarchiv bis heute im Staatlichen Russischen Filmarchiv Gosfilmofond vor den Toren Moskaus. Trotz seiner Zersplitterung wirkt das untergegangene Reichsfilmarchiv fort: Als Institution, an deren vergleichsweise moderne Arbeitspraktiken deutsche Filmarchive der Nachkriegszeit anknüpften, vor allem aber im Hinblick auf die ebenso intensive wie unkritische Nachnutzung seiner dokumentarischen Bestände, etwa durch das Geschichtsfernsehen.
Autorenportrait
Alexander Zöller studierte Archiv- und Informationswissenschaft in Potsdam. Anschließend Promotion an der Filmuniversität Babelsberg. Er ist Lehrbeauftragter im Master-Studiengang Filmkulturerbe und Mitarbeiter im DFG-Projekt "Bilder, die Folgen haben. Eine Archäologie ikonischen Filmmaterials aus der NS-Zeit". Forschungsschwerpunkte: Geschichte der deutschen Film- und Medienarchive, Verwendung historischer Filmbilder, audiovisuelle Propaganda im Zweiten Weltkrieg.