Beschreibung
Excerpt: 'Die Iberische Mutter Gottes fuhr spazieren. Aus der Tiefe ihres kerzenerhellten blaugoldschimmernden Tempelchens vor dem Eingang zum Schönen Platz am Kreml war sie von ehrfürchtigen Händen in den Wagen gehoben worden. Da saß sie nun im prächtigen Vierspänner, ihrer ständigen Equipage, breit auf dem Vordersitz, ihr gegenüber zwei Priester in reichen scharlachroten Gewändern, Kreuz und Weihrauchgefäß vor sich hinhaltend. Irgend eine der kleinern Glocken im Kreml bimmelte und bimmelte. Hin und wieder nur unterbrach ein vereinzelter tiefer Glockenton, lang nachdröhnend und wie verträumt, dies helle Geläute. Hoch über den verschneiten Straßen klang es unermüdlich, mit dringlicher Monotonie, in den Winterwind hinein. Die Menge umringte den Wagen so nahe, als sie es vermochte, junge Gesichter und alte, bärtige bückten sich in gleich demutvollem Eifer, um einen Kuß auf das wunderthätige Bild zu erhaschen oder wenigstens auf den Rahmen daneben. Ein paar elegante Offiziere, die über den Woßkreßenskiplatz herkamen, machten mitten auf dem Fahrdamm Halt, beugten das Knie in den Schnee und bekreuzigten sich feierlich mit bis zur Strenge ernsten Mienen. Täglich fuhr die Iberische Mutter aus, um allen Besuchsanforderungen zu genügen, dennoch mußte oft ihre Gegenwart in einem Haus wochenlang vorher erfleht werden, damit sie noch Zeit dafür fand.'
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