Beschreibung
Wenn Literatur da beginnt, wo das Ich verstummt, dann gebührt Raymond Roussel ein besonderer Platz in ihr. Wie wenige andere hat er fiktionale Welten geschaffen, die ihm durch seine Herkunft, sein Milieu und seine Bildung für immer hätten verschlossen bleiben müssen. Möglich wurde diese Distanz zu sich selbst durch seine konzeptuellen Schreibverfahren, denen er sich blind, ohne Wissen um die Folgen für die Repräsentation, unterwarf. Erdacht, um die Einzigartigkeit seiner Imagination zu bestätigen, dezentrieren sie die Instanz des Autors ebenso wie die Referentialität des Textes. Dezentrieren sie, aber löschen sie nicht aus. Zwischen Wahnsinn und Methode, Form und Formverlust, Exzentrik und Konformismus oszillierend, wird Roussels Werk derart zum Schauplatz einer verfremdenden Neuinszenierung der eigenen Kultur. Im Durchgang durch das Gesamtwerk und unter Einbeziehung des Nachlasses rekonstruiert das vorliegende Buch Roussels paradoxe Poetik und erweist ihn als eine zentrale Figur der Moderne. Was ihn zu einem Zeitgenossen macht, ist nichts anderes als sein maßloser Glaube an die Zeichen.
Inhalt
Einleitung
0.1. Gelebte Form
0.2. »La critique et Raymond Roussel«
0.3. Wie einige seiner Bücher gelesen wurden – Exemplarische Lektüren
0.4. Roussels Schreibverfahren: Maschinen zur Formatierung des Sinns
0.5. Vom Reim zum »Verfahren«
Erster Teil – Der Reim und die Erfahrung des Doppels
1. Ein poetisches Manifest – »Mon Âme«
2. Karneval der Sprache – La Doublure
Zweiter Teil – Erkundungsarbeiten
3. Infinitesimales Beschreiben
4. Maßlose Spektakel – La Seine und Les Noces
Dritter Teil – Der Text, eine Tatsachengleichung
5. Der Anfang als Vorwegnahme des Endes – »Textes-genèse«
6. Ein Kontinent des Imaginären – Impressions d’Afrique
7. Eine Bibliotheksphantasie – Locus Solus
Vierter Teil – Der Text ohne Zentrum
8. Eine ruinöse Leidenschaft – Roussel und das Theater
9. Summa negativa – Nouvelles Impressions d’Afrique
Schluss