Beschreibung
Lesen und Musikhören sind kognitive Prozesse. In ihnen werden Texte und Noten zu lebendigen Erfahrungswelten. In der Rezeption brechen sensomotorische Erinnerungen und Assoziationen als komplexe Bedeutungsfelder auf, deren Reflexion immer an das verinnerlichte, verkörperte Bewusstsein gebunden ist. Judith Walter macht sich auf die Suche nach dem Embodied Mind ästhetischer Erfahrung, die in den letzten Jahren in den Mittelpunkt einer anthropologisch fokussierenden Kulturwissenschaft gerückt ist. Der in der europäischen Kulturgeschichte wirkmächtige Leib-Seele-Dualismus wurde im 21. Jahrhundert durch Erkenntnisse über die Einbettung der sprachlichen und musikalischen Wahrnehmung in die ihr zugrundeliegende Körperlichkeit aufgelöst. Diese Studie macht systematisch das immens gesteigerte Interesse an den kulturellen Verschränkungen von körperlicher Wahrnehmung und sinnlichem Erleben transparent. Und ihre Ergebnisse lassen die aktuelle Bilanz zunehmender Entkörperlichung in zwischenmenschlichen Beziehungen sowie in den digitalen Kulturen umso brisanter erscheinen.