Beschreibung
FLECKERLTEPPICH (19.2.50)
Nach Jahren der Gestaltung populärer Sendungen für breite Schichten hatte ich Lust, mal was ganz Anderes, albern Ironisches zu machen: so eine Art Studentenulk voll Unernst, Kalauer und blühendem Blödsinn. Von politischen Witzen hatten die Leute nach Jahrzehnten genug, man erzählte rundum lieber 'schwarzen Humor' und Unlogik. Mir gefiel das. Ich dachte mir dazu eine Form aus, in der eine oder zwei Geschichten in kleinen Portionen über die ganze Sendung verteilt. immer an spannenden Stellen mit 'Fortsetzung folgt' unterbrochen wurden. Und die Schlußpointe war oft nur ein Klacks, ein Kalauer als bewußte Enttäuschung. So sie nicht erst in der nächsten oder einer viel späteren Sendung drankam ('SchoHo'? Erinnern Sie sich?)
Im Dreiergespräch präsentierte Annette von Aretin, als das 'Ännchen von Kalau' die Gaudi, ich verteidigte sie, und Friedrich Sauer litt wütend als 'saurer Kollege' und Normalhörer an dem Unfug. Dieses Verfahren und diese Gaudi-Inhalte erfordern ein spezielles Humorverständnis. Das war und ist selten. Das Gros der Hörer lief Proteststürme gegen den 'Fle-Te', die Presse fetzte gegen uns, und der Münchner Stadtrat und der Rundfunkrat verdammten uns in öffentlichen Sitzungen. Und hielten, wie viele Empörte, dem 'Fle-Te' die 'Brummlg'schichten' als Muster vor: "Sowas wollen wir hören!". Wußte denn wirklich niemand, daß Beides von mir stammte? Daß ich sozusagen 'in vorauseilendem Gehorsam' mir an allen beiden Typen ein Beispiel genommen hatte. Daß ich populär und ebenso intellektuell erfreuen wollte?
Die Brummlg'schicht "Fleckerlteppich" entstand erst, nachdem die Gegner gesiegt hatten. Intendant Rudolf von Scholz hatte nämlich den mit ihm befreundeten Schriftsteller Rudolf Schneider-Schelde als Programmdirektor engagiert. So originell und nett der sein konnte, auf diesem Posten verfiel er in Cäsarenwahn. Redete überall per Erlass auch erfahrenen Programmachern nach undurchschaubarem Gutdünken mit Geboten oder Verboten drein. Die Gegängelten schüttelten nur stumm die Köpfe, weil sie den allseits verehrten Intendanten nicht durch Protest kränken wollten. Ausserdem ahnten sie aus Erfahrung: der Neue hält sich nicht lang.
So war's auch. Neben viel anderem Unsinn redete er mir in die Brummlmusik, Folge 12 drein, und verbot den Fle-Te per Hausnotiz: " Für sowas hab' ich künftig kein Geld mehr" als ob es sein Geld wäre. Als er sich bald darauf kritisch-polemisch gegen seinen Freund Scholz wendete, flog er fristlos. Weg war er, und ich produzierte ihm zum Abschied voll Vergnügen Valentine Volkmers Entwurf , die Konfrontation Fle-Te und Brumml.
Autorenportrait
VALENTINE VOLKMER, Schauspielerin, verfolgte amüsiert das Duell 'Brumml contra Flete' in den Zeitungen und der Öffentlichkeit und dachte sich eine Glosse dazu aus. Arbeitete sie, assistiert von ihrem Onkel, einem versierten Journalisten, zur Story aus, und schickte sie mir per Post. Ich bekam damals oft von mit unbekannten Hörern Brumml-Vorschläge., nur waren die meist besser gemeint als gemacht, denn Stücke schreiben ist schwierig. Dies aber las ich mit wachsendem Vergnügen. Es war so pointiert und ironisch, daß die Dialoge auch meinem kritischen Brumml-Quartett gefallen würden. Ich glättete und ergänzte vergnügt noch einiges daran zur Endfassung und genoß dabei abermals die Arbeit eines Profis mit Theatererfahrung.
Musikalisch umrahmen mußte natürlich der 'Hunde-Schlager', der am Ende immer wieder von vorn anfängt, wie man hören kann. Den hatte mein Bruder Rolf im Flete in allerlei Gaudi-Variationen verwurstet, Als Lied für Kinderchor, Operettenduett, Streichquartett, Jazz für Big band, und beim Fleteverbot zum Schluß sogar sogar als Richard Wagner'schen Trauermarsch. Den mussten mir die Joseinders mit neuen Liedertexten singen. Gereimt von einem Großmeister des Unernsts, dem alten Rundfunk-Profi mit dem Pseudonym Fagerna. Mein Darsteller waren zufrieden, denn das Stück spielte sich wie Butter. Da gabs keine langen Debatten über Formulierungen.
Als ich Valentine Volkmer ins Funkhaus einlud, erschien eine schüchterne, hübsche Blondine, die seit Kriegsende viel Pech hatte. Ihr Ehemann war in Gefangenschaft, sie fand an den wenigen Theatern kein Engagement und mußte doch, seit es die D-Mark gab, sich ihr Leben verdienen. Da war sie glücklich, daß ich ihr Skript honorieren konnte. Sie blieb dem Funk in den nächsten Jahren mit Vorschlägen verbunden. Zum beiderseitigen Vorteil. Ich realisierte ihren nächsten Brummlentwurf 'Kommt ein Inspektor' und nahm zwei Hörspiele von ihr auf. Als ihr Ehemann aus der Gefangenschaft kam, riß der Kontakt ab. Ich hab später nichts mehr von ihr gehört und leider auch keine neuen Vorschläge mehr bekommen.
Übrigens - schon nach einem knappen Jahr meinte die Direktion, ich solle den Fle-Te wieder aufnehmen. Ich tat's, aber leider - wie man so sagt - 'der Zucker war ab'. Er war irreparabel geschädigt, denn er hatte Aktualität und Biß verloren. Man kann eben eine unterbrochene Reihe nicht mehr lebfrisch machen. Gar, wenn sie nur noch gelegentlich ins Programm kommt.