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Delia, die weiße Indianerin

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Erschienen am 20.05.2013
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783944561073
Sprache: Deutsch
Umfang: 130 S.
Auflage: 1. Auflage 2013
E-Book
Format: EPUB
DRM: Adobe DRM

Leseprobe

Hinweis des Verlags: Die E-Book-Ausgaben der "Delia"-Geschichten von Marie Louise Fischer wurden sorgfältig erstellt und gesetzt. Der folgende Datenbanktext erreicht dieses Niveau nicht. Der große TreckNoch am Abend des gleichen Tages wurden die Passagiere mit einem Dampfboot an Land gebracht.Delia hatte immer noch ein wenig Angst, dass die amerikanischen Behörden sie wieder zurückschicken würden. Aber davon konnte keine Rede sein. Die Polizisten und Zollbeamten machten kaum Kontrollen, sondern empfingen jeden der Deutschen, die jetzt nicht mehr Aus-, sondern Einwanderer geworden waren, mit dem größten Entgegenkommen. Der riesige Kontinent Nordamerika war damals, vor weit mehr als hundert Jahren, nur schwach besiedelt, und um das Land wirklich in Besitz zu nehmen, brauchte man Menschen, die bereit waren, die Strapazen des Rodens und Siedelns und auch der unausbleiblichen Kämpfe mit den Indianern auf sich zu nehmen. Niemand dachte daran, Fragen nach Delias Eltern zu stellen, sondern man nahm es als ganz selbstverständlich hin, dass sie mit Onkel und Tante nach Amerika gekommen war. Es stieß sich auch niemand daran, dass sie, ein Mädchen, in Jungenkleidern herumlief.All dies gab Delia das Gefühl, wirklich in einer neuen, einer freien Welt zu sein. Aber diese Freiheit hatte auch etwas Beängstigendes. Die Einwanderer wurden noch im Hafen von einer Schar deutscher Landsleute empfangen, zum größten Teil verdächtigen Gestalten, die, wie Delia bald merkte, es nur darauf abgesehen hatten, die Neulinge, die Greenhorns, wie man sie hier nannte, zu übervorteilen und sie um ihre sauer erworbenen Ersparnisse zu bringen.Bei uns zu Haus, sagte Delia, hätte es so etwas nicht gegeben! Wachtmeister Schmittke hätte diese Kerle längst eingesperrt!Stimmt, sagte Onkel Johannes. Trotzdem gefällt es mir hier besser als in unseren deutschen Kleinstaaten. Die Freiheit kann niemals ein Geschenk sein; ohne Gefahr und Risiko ist sie nicht denkbar!Das leuchtete Delia ein, denn sie selbst hatte ja oft genug in Gefahr geschwebt, seit sie die Geborgenheit des Elternhauses verlassen hatte.New York imponierte ihr sehr. Nicht weil die Stadt im eigentlichen Sinne schön war. Die Straßen waren damals schmutzig; neben prächtigen Bürgerhäusern gab es verwahrloste Gebäude und wahre Elendsquartiere.Aber alles war so anders als in Schönau. Dort hatte Delia immer den Eindruck gehabt, dass nichts sich veränderte. Jedes Haus stand seit vielen, vielen Jahren an seinem Platz, und wenn einmal ein neues gebaut wurde, war das eine kleine Sensation und Stadtgespräch. Hier in New York entstanden an allen Ecken und Enden neue Häuser, neue Straßenzüge. Altes wurde abgerissen.Wenn in Schönau jeder jeden gekannt hatte, so war das hier in New York gerade umgekehrt. Selbst die alteingesessenen New Yorker kannten nur wenige ihrer Mitbürger, denn täglich kamen neue Schiffe mit Einwanderern, versuchten andere Menschen aus Übersee oder auch aus dem Innern des Landes hier ihr Glück zu machen, verließen andere die Stadt, um neuen Zielen zuzustreben. Delia fragte überall, in Wirtshäusern und Herbergen, in denen die Auswanderer Quartier zu machen pflegten, nach ihrem Vater. Aber es gab keine Menschenseele, die sich an ihn erinnern konnte.Mach dir keine Gedanken darüber, tröstete Tante Ruth. Dein Vater muss hier in New York von Bord gegangen sein; das wissen wir ja von seinen Briefen. Von hier aus hat er sich in den Westen gewandt wie die meisten Einwanderer. Eines Tages wirst du ihm schon begegnen! Delia glaubte fest daran.Onkel Johannes hatte gleich nach ihrer Ankunft einen Brief an Frau Körner nach Schönau geschrieben, ihr berichtet, dass Delia bei ihm und seiner Familie war, und ihr versichert, dass sie sich keine Sorgen um ihre jüngste Tochter zu machen brauchte.Delia hatte daruntergeschrieben: Sei mir nicht mehr böse, Mama! Und mach Dir keine Sorgen, wenn jetzt lange kein Brief mehr von uns kommt. Die Postverbindungen sind sehr schlecht, sagt Onkel Johannes. Aber ich werde Vater finden, verlass dich drauf, und dann werden wir alle wieder glücklich sein. Grüß Anna, Agathe und die alte Sophie von mir! Es küsst Dich Deine Delia!Sie blieben nur so lange in New York, bis Tante Ruth und Babette sich einigermaßen von der Schiffsreise erholt hatten und Onkel Johannes mit dem Zusammenstellen eines Trecks fertig war. An einem solchen Treck beteiligten sich immer viele Familien, weil man in einer größeren Gemeinschaft sicherer reiste und sich auch gegenseitig helfen konnte.Onkel Johannes und die anderen Familienoberhäupter erhielten Bestätigungen von der Regierung, dass sie sich Landbesitz im Staat Minnesota nehmen durften, und zwar in einer Größenordnung, die einem kleinen deutschen Land entsprach.Die Augen von Onkel Johannes leuchteten, als er diesen Schein, der gestempelt und gesiegelt war, seiner Familie zeigte. 'Wir werden Land bekommen, Kinder, viel, viel Land einen Tagesritt von einer Grenze zur anderen! Endlich wird es wieder einen Sinn haben, Bauer zu sein. Wir werden wissen, für was wir arbeiten!Liegt denn dieses Land in Amerika einfach so herum? fragte Delia. Gehört es niemandem?Doch. Dem amerikanischen Staat, und der verschenkt es an Menschen, die bereit sind zu siedeln.Jetzt wurde es allen zu eng in dem elenden Einwandererquartier, in dem sie für teures Geld Unterkunft gefunden hatten die Einwanderer bedeuteten für viele New Yorker Wirte nichts als ein großes Geschäft. Alle, selbst Babette und Tante Ruth, konnten es kaum erwarten, bis Planwagen und Pferde erstanden, Vorräte für die Reise beschafft waren. Tante Ruth, die lange Zeit versucht hatte, Delia wieder in ein Mädchen zu verwandeln, gab es jetzt auf. Vielleicht reist du in deinem Jungenzeug wirklich bequemer, sagte sie.Delia lachte. Und ob! Ihr werdet mich noch beneiden!Ihr großer Kummer war, dass sie mit der Familie im Planwagen fahren sollte. Nur die Männer, die den Treck begleiten und mit ihren Waffen beschützen sollten, bekamen Pferde zum Reiten. Auch Peter und Paul mussten zu den Frauen in den Wagen, und sie ärgerten sich nicht wenig darüber.Alle drei bestürmten sie Onkel Johannes wegen eines Pferdes, bis der Onkel ihnen deutlich machte, dass für weitere Pferde einfach kein Geld da war.Vielleicht können wir uns in der Prärie eines fangen, schlug Paul vor. Es gibt dort doch Herden von wilden Mustangs, nicht wahr, Vater?Ja, sagte Onkel Johannes. Das sind die Pferde, die die Spanier vor Hunderten von Jahren ins Land gebracht haben!Und wieso sind sie jetzt wild? fragte Peter.Nun, viele haben bei den Kämpfen zwischen Spaniern und Indianern ihre Herren verloren. Sie sind davongelaufen und haben sich zu Rudeln zusammengeschlossen. Weil die Lebensbedingungen in der freien Prärie so günstig für sie waren, sind sie stark und wild geworden und haben sich beträchtlich vermehrt.Und die Indianer? fragte Delia. Die haben doch auch Pferde!Ja, aber auch erst seit den Spaniern! Sie haben spanische Pferde eingefangen oder auch gestohlen und reiten gelernt! Wenn sie ein neues Pferd brauchen, fangen sie es mit dem Lasso aus einer Herde wilder Pferde heraus.Komisch, sagte Delia. Ich dachte, in Amerika hätte es schon immer Pferde gegeben!Die Jungen lachten sie aus, obwohl gar nicht sicher war, dass sie es selbst besser gewusst hatten, und Delia zeigte ihnen eine lange Nase.Während Peter und Paul noch Pläne machten, wie sie sich ein wildes Pferd einfangen wollten, spazierte Delia auf die Straße hinaus. Der Mops, der in New York viel von seiner Munterkeit verloren hatte, folgte ihr dicht bei Fuß. Ihn bedrückte das Menschengewimmel, und die vielen Gerüche verwirrten ihn. Nur in Delias Nähe fühlte er sich sicher, und das wahrscheinlich mit Recht. Es gab genügend schlechte Menschen, denen es zuzutrauen gewesen wäre, dass sie einen reinrassigen europäischen Mops einfingen und ihn einer wohlhabenden amerikanischen Familie verkauften.Delia glaubte nicht daran, dass es Peter oder Paul gelingen würde, sich ein Pferd zu fangen. Sie konnten ja nicht einmal Lasso werfen, geschweige denn sich unbemerkt an eine Herde wilder Pferde heranpirschen. Nein, wenn sie ein Pferd haben wollte, musste sie es sich selbst beschaffen, und zwar noch hier in New York. Schlimm war nur, dass ihr von ihrem ganzen Reichtum bloß noch ein einziges Goldstück geblieben war, und um ein gutes Pferd zu kaufen, war das zu wenig.Trotzdem schlenderte sie zu den Ställen, in denen die Einwanderer Zug und Reitpferde zu erstehen pflegten, und blieb mit sehnsüchtigen Blicken vor den Verschlägen stehen, in denen die Pferde untergebracht waren.Ein kleiner Mann mit einem Fuchsgesicht, einer speckigen, karierten Mütze und Beinen, die so rund wie ein O waren, sprach sie an. Na, was suchst du denn, Kleiner?Ein Pferd, sagte Delia.Hast du Geld?Ich suche ein ganz, ganz billiges Pferd!Zum Schlachten? fragte der Mann mit einem schlauen Grinsen.Nein. Zum Reiten.Der Mann mit dem Fuchsgesicht musterte Delia von Kopf bis Fuß.Vielleicht kann ich dir helfen, sagte er. Wie viel Geld hast du denn?Zeigen Sie mir erst mal das Pferd, entgegnete Delia. Haben Sie überhaupt eines?Der Mann mit dem Fuchsgesicht lachte. Ich bin Pferdehändler von Beruf, sagte er, und im Übrigen ich heiße Jonny Smith! Du kannst dich überall nach mir erkundigen! Jeder wird dir bestätigen, dass ich ein ehrlicher Geschäftsmann bin!Das glaube ich Ihnen auch so, sagte Delia.Jonny Smith war verblüfft niemand hatte ihn bisher für einen ehrlichen Geschäftsmann gehalten. Wieso?Weil mein Mops Sie maglTatsächlich hatte der Professor nach kurzem Beschnuppern entschieden, dass der Geruch dieses Mannes Pferdemist, Kautabak, Schweiß sehr erfreulich im Vergleich zu vielem anderen war.Ein feiner Hund, sagte Jonny Smith und kraulte den Mops hinter den Ohren. Gib ihn mir, und du kriegst dein Pferd umsonst!Kommt nicht infrage, antwortete Delia. Der Professor ist mein Freund. und ein Pferd ist immer nur ein Pferd!Jonny Smith öffnete einen der Verschläge und zog ein Pferd heraus, einen gut gebauten, schönen schwarzen Hengst. Na, wie gefällt er dir?Wie viel soll er kosten?Zwei Goldstücke.Ich hab nur eines!Weil du es bist du kriegst ihn für eines!Delia zögerte. Der Hengst war gut gebaut, sein Fell glänzte, er war in bester Verfassung. Aber gerade das machte sie stutzig. Sie wusste, dass Onkel Johannes viel, viel mehr für die Pferde bezahlt hatte, die den Planwagen ziehen sollten. Jonny Smith sah nicht so aus wie einer, der aus purer Gutmütigkeit etwas verschenkte. Irgend etwas musste mit diesem Pferd nicht in Ordnung sein. Es hatte einen ganz niederträchtig tückischen Blick.Ich weiß nicht., sagte sie unentschlossen.Willst du etwa mit mir handeln?Der Mops war zu einem anderen Verschlag gelaufen, schnüffelte daran, kratzte.Was ist denn da für ein Pferd drin? fragte Delia eigentlich mehr, um Zeit zu gewinnen.Ich zeigs dir, sagte Jonny Smith bereitwillig. Er öffnete den Verschlag, zog eine fahlgraue Stute heran. Da, sieh dir den Klepper an! Der ist nicht mal mehr was für den Schlachter! Na, komm schon, Susi. genier dich nicht!Susi war wirklich nicht schön. Sie hatte einen durchgebogenen Rücken, ihr Fell war struppig, sie war mager und ließ die Ohren hängen. Aber der Blick ihrer braunen Augen war lammfromm und freundlich.Delia öffnete Susi das Maul. Zu ihrer Überraschung waren die Zähne in gutem Stand. Ich nehme Susi, sagte sie entschlossen.Jonny Smith schob die Mütze zurück und kratzte sich hinter dem Ohr. Und warum?Bei Susi sehe ich, was mit ihr nicht in Ordnung ist! Sie ist bestimmt nicht mehr als ein Goldstück wert! Aber mit dem Hengst muss etwas anderes los sein, sonst würden Sie ihn nicht so billig abgeben!Jonny Smith klopfte Delia auf die Schulter. Kluger Junge, sagte er anerkennend. Aus dir kann noch mal was werden! Leute mit Pferdeverstand sind selten!Das Geschäft wurde abgeschlossen, und der Pferdehändler riss sich sogar, als Beweis seiner Hochachtung und Sympathie, einen großen Sack Hafer vom Herzen, der so schwer war, dass Delia ihn gar nicht selbst tragen konnte, sondern ihn auf Susis Rücken binden musste.Natürlich schlugen Tante Ruth und Babette die Hände zusammen, als Delia mit ihrer hässlichen Susi ankam. Peter und Paul lachten sie weidlich aus, aber daraus machte sich Delia nicht das Geringste.Lacht nur, ihr Affen, sagte sie. Ein schlechtes Pferd ist besser als gar keines! Zwei Tage später ging es los. Noch vor Sonnenuntergang verließ der Treck die Stadt New York, zwölf Wagen und zwölf Familien im ganzen. Onkel Johannes war der von den anderen gewählte Führer. Delia durfte mit den Männern neben den Planwagen herreiten, ihren Mops auf dem Sattel. Sie merkte bald, dass Susi den Forderungen, die auf dieser Reise an sie gestellt wurden, durchaus gewachsen war. Zwischen dem sechsten und siebten Planwagen gingen die Kühe, die mitgenommen worden waren, weil sie die Milch für die Kinder liefern und auch später auf den Farmen Verwendung finden sollten. Sie bestimmten das Tempo.Manchmal ließ Delia ihren Mops laufen, damit er sich Bewegung verschaffen konnte. Hin und wieder umkreiste sie den Treck und probierte mit Susi einen leichten Trab oder auch einen Galopp aus, bei dem die gutmütige Stute allerdings bald außer Atem geriet.Der Treck kam langsam, sehr, sehr langsam voran, und erst nach Wochen hatte er die immerhin noch einigermaßen zivilisierten Gebiete verlassen.Immer seltener wurden menschliche Ansiedlungen. Dafür wurde die Landschaft prächtiger. Der Treck streifte den Rand eines jener dichten Urwälder, die es damals in Amerika noch überall gab. Die dicken Stämme der Eichen ragten hoch in den Himmel, bildeten mächtige Kronen, die einander berührten. Dazwischen drängten sich Zypressen und Zedern, Platanen, Eschen und Ulmen.Das Schönste aber waren die Magnolien, die mit ihren wundervollen riesengroßen Blüten dem sattgrünen Laub weiße, schimmernde Lichter aufsetzten.Delia war hingerissen von dieser Pracht. Onkel Johannes erklärte ihr, so gut er es vermochte, die Namen der verschiedenen Bäume und der üppigen Urwaldblumen. Delia sah zum ersten Mal die roten, großen Blüten der Begonien und einer Schmarotzerpflanze, die sich um die Baumriesen schlang. Jetzt endlich hatten die Männer Gelegenheit, Wild zu schießen, das dann abends am Lagerfeuer zubereitet wurde. Täglich ging eine Gruppe der Männer auf Jagd, denn es war wichtig, dass die Vorräte so wenig wie möglich angegriffen wurden.Manchmal durfte Delia die Männer auf diesen Jagdzügen begleiten, aber da sie keine Waffe hatte, sondern nur mit einem selbst gebastelten Bogen und einem Köcher voll primitiver Pfeile, die nicht einmal Eisenspitzen besaßen, ausgestattet war, richtete sie dabei natürlich nichts aus.Dafür erwies sie sich als eine begabte Entdeckerin von Quellen und Bächen mit gutem, reinem Wasser, an denen die Pferde und Kühe getränkt wurden, die Menschen sich waschen und ihre Trinkwasservorräte erneuern konnten.Noch waren Menschen und Tiere frisch, gesund und unternehmungslustig. Es wäre eine herrliche Zeit gewesen, wenn nicht die Angst gewesen wäre die Angst vor den Indianern, von deren Untaten man sich Schreckliches erzählte. Onkel Johannes verbot zwar mit allem Nachdruck solches Gerede, das besonders abends an den Lagerfeuern aufzukommen pflegte, aber die Angst in den Herzen der Frauen konnte er nicht ersticken.Die Wagen wurden am Abend in einem Karree zu einer sogenannten Wagenburg zusammengeschoben, die den Einwanderern einen gewissen Schutz gewährte. Die ganze Nacht über hielten Posten Wache, unter ihnen auch Peter und Paul, die sich ja tagsüber während der Fahrt ausruhen konnten.Aber als man drei Wochen durch Urwälder, Moore und Sumpfgebiete unterwegs gewesen war, ohne je auch nur einen einzigen Indianer zu Gesicht bekommen zu haben, wurde man leichtsinniger. Jetzt musste Onkel Johannes seine Schützlinge warnen, nicht jede Vorsicht außer acht zu lassen. Er war der Einzige, der sich durch die scheinbare Ruhe nicht täuschen ließ.Delia dagegen war fast enttäuscht, dass sie bisher noch keinen der berühmten und gefährlichen Indianer zu Gesicht bekommen hatte.Eines Tages, als sie bei Sonnenaufgang ihre Susi gesattelt hatte und wartete, dass sich der Treck in Bewegung setzte, bemerkte sie, dass der Mops unentwegt aufgeregt am Rand des Urwalds entlanglief.Sie rief ihn zu sich: Professor, Professor!Aber der Mops gehorchte nicht. Er begann zu bellen.Delia lief, ihr Pferd am Halfter, zu ihm hin. Der Mops schnüffelte mit der Nase über dem Boden, aber Delia konnte nichts entdecken. Sie wollte schon mit ihm schelten, da sah sie, was ihn so aus der Fassung gebracht hatte: Eine Spur hatte sich deutlich in dem weichen Boden abgedrückt, eine Fußspur, die nicht von einem der Einwanderer herrühren konnte. Sie alle trugen feste Stiefel, und diese Spur war anders. Das musste der Abdruck eines Mokassins sein!Indianer! hätte Delia beinahe laut gerufen.Aber sie unterdrückte ihren Schrei; es wurde nur ein halblautes Gemurmel daraus. Auf keinen Fall durfte sie die Frauen und Kinder erschrecken. Vielleicht war der Indianer, der die weißen Fremdlinge beobachtet hatte, noch ganz in der Nähe. Wahrscheinlich, denn der Mops musste ihn gerochen haben, sonst hätte er nicht gebellt.Komm, Professor, sagte Delia. Genug geschnüffelt!Sie hob ihn auf, setzte ihn vorn auf den Sattel, schwang sich hinter ihn auf das Pferd und ritt bewusst langsam zu den anderen zurück. Wenn ein Indianer sie beobachtet hatte, so sollte er nicht Verdacht schöpfen, dass sie Bescheid wusste.Delia wartete ab, bis der Treck, der inzwischen wieder aufgestellt war, sich in Bewegung setzte. Dann ritt sie an die Seite ihres Onkels und teilte ihm ihre Entdeckung mit.Onkel Johannes nahm Delias Beobachtung ernst.Was willst du nun tun? fragte Delia.Wir werden unsere Route ändern, erklärte Onkel Johannes, und versuchen, uns nach Südwesten zu schlagen. Wenn wir Glück haben, erreichen wir noch vor Einbruch der Dämmerung das Fort Chickdown. Dann sind wir in Sicherheit. Bei Tag werden die Indianer wohl kaum angreifen.Er schickte Delia als Boten von einem der begleitenden Reiter zum anderen. Delia gab seine Anweisungen weiter. Onkel Johannes selbst unterrichtete die Wagenführer von der veränderten Situation.Wir wollen hoffen, dass die Indianerspur keine Gefahr für uns bedeutet, sagte er. Aber verlassen dürfen wir uns nicht darauf. Wir müssen alles tun, damit wir nicht in die Gewalt der Wilden geraten.Die Wagenführer trieben die Pferde an, der Treck kam jetzt wesentlich schneller vorwärts. Die Kühe, die ein so rasches Tempo nicht gewöhnt waren, mussten sich wohl oder übel mitzerren lassen.Kurz vor Mittag erreichten sie die offene Prärie. Scheinbar endlos dehnte sich das weite Land vor ihnen aus, eine Landschaft voll sanfter Hügel, dicht bedeckt, mit saftigem, grünem Gras, das im leichten Wind Welle auf Welle schlug.Delia, die an der Spitze des Trecks ritt, hielt den Atem an vor freudiger Überraschung. Der Mops, der vor ihr auf dem Sattel saß, hob witternd seine stumpfe Nase.Es war unbeschreiblich schön. Alles war übersät von Blumen. Petunienstauden neben Begonien bildeten zusammen mit strahlend blauen Lupinen, dunkelrotem Phlox und kleinen gelben Mimosen den schönsten Teppich auf grünem Grund. Bunte Schmetterlinge gaukelten über dieser Pracht, und ein langschnäbeliger, winziger Kolibri schien in der von Sonnenglut sirrenden Luft stillzustehen, um dann blitzschnell zu einem Blütenkelch niederzutauchen. In der Ferne äste ein Rudel Hirsche, so ruhig und sicher, als fühlten sie sich durchaus als Herren der Prärie.Die Männer hätten gern versucht, eines oder zwei der Tiere zu erlegen. Aber Onkel Johannes verbot es. Er drängte zur Weiterfahrt, wollte alle Bewaffneten beim Treck wissen.

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