Beschreibung
Das Würzburger Juliusspital ist 436 Jahre oder 15 Generationen alt: Unzählige Lebenswege haben über die Jahrhunderte hinweg ins Spital oder am Spital vorbei geführt. Pilger, Pfründner, Patienten und Dienstpersonal, dazu Ärzte, Geistliche, Studenten und Reisende haben hier gelebt oder nur kurz verweilt. Spannende Spuren zu ihren vielfältigen, oft völlig vergessenen Schicksalen fanden sich in Archiven, Zeitungen, Memoiren und Reiseberichten, aber auch auf Speichern, Flohmärkten und in Privatsammlungen.
Das Buch enstand auf der Grundlage einer Zeitungsserie, die im Würzburger 'Volksblatt' erschien. Kenntnisreich, unterhaltsam und mit dem nötigen augenzwinkernden Verständnis für menschliche Unzulänglichkeiten werden Skandale und Skandälchen der Vergangenheit geschildert und so auf vergnügliche Weise wieder lebendig. Aus ungewohnter Perspektive entstand dabei eine ganz "andere" Spitalchronik - und mit ihr ein faszinierender Beitrag zur mitteleuropäischen Kulturgeschichte. Der vorliegende erste Band umfasst die Zeit von der Gründung mit Gegenreformation und Hexenverbrennungen über die shcwedische Besatzung im Dreißigjährigen Krieg bis hin zum Glanz der Fürstbischöfe im Zeitalter des Barock.
Autorenportrait
Der Autor hat die Stiftung aus verschiedener Perspektive kennen und lieben gelernt: hautnah von innen als Assistenzarzt wie auch aus der Distanz des Historikers durch intensive Archivstudien und Zeitzeugeninterviews. 2001 erschien seine ausführliche 'Medizingeschichte des Juliusspitals', das ja bis zum Ende des Ersten Weltkriegs Sitz der Universitätskliniken war.
Inhalt
Vorwort 4
1 „Das Patengeschenk“ des Fürstbischofs: Sagenhaftes über Julius Echter und seine Spitalsgründung 8
2 „So vor Alter der Judengartten geheissen“: Der alte jüdische Friedhof als Baugrund des Spitals 10
3 Geistlicher und hitzköpfiger Poet: Martin Lochander und die älteste Beschreibung des Spitals 12
4 Heimliches Vorbild?: Landgraf Philipp von Hessen und die Hohen Hospitäler 14
5 Der siebenköpfige Ketzer Martin Luther: Ein Pamphlet des Spitalmeisters Abraham Nagel 16
6 Ein „Heiliger der Gegenreformation“? – Spitalpfarrer Johannes Maler/Molitor 21
7 Keine Lust, den Kranken „nachzukriechen“: Spitalärzte und Barbierchirurgen 24
8 Heilkräftige Reliquie: Jutta von Heiligenthal half bei Fieberkrankheit 26
9 „Das Herz des Juliusspitales“: Gottesdienstbesuch vom Krankenbett möglich 28
10 Weinhändler und „Kalendermacher“: Lukrative Nebeneinkünfte des ersten Spitalarztes 30
11 Ein Leben für das Himmelreich: Pfründner und Pfründnerinnen im Juliusspital 32
12 Ein „Pallast für die Armen“ und – eine repräsentative Stadtresidenz der Fürstbischöfe! 34
13 Modell in stark verkleinertem Umfang“ –Die Echterschen „Julius-Spitäler“ auf dem Lande 36
14 „Im Eisenkäfig eingesperrt ...“. Aus der Frühzeit der juliusspitälschen Irrenabteilung 38
15 Wundermittel oder teurer Flop? Syphilistherapie mit exotischem Guajakholz 40
16 „Mit diesen Pfaffen will ich nichts zu schaffen haben“: Schwedenkönig Adolf im Juliusspital 42
17 Spitalarzt und Akademiegründer: Das kurze Gastspiel von Dr. Johann Lorenz Bausch 44
18 Patrizierin als Krankenwärterin? – 1631 strandet die Nürnbergerin Susanna Derrer im Spital 46
19 Aus Peter Hagendorfs Tagebüchern: Söldner im Dreißigjährigen Krieg 48
20 Besserungsanstalt für junge Hexen: Das Juliusspital und die Hexenverfolgungen 50
21 Spanische Pilgrim und Muschelbrüder: Fromme und weniger fromme Wallfahrer 52
22 „Wurden drei Juden getauft willülicht“: Juden, Judenpolitik und Judentaufen im Juliusspital 54
23 Zuckerbäcker aus dem Morgenland: Würzburgs erster Cafebesitzer wurde im Spital getauft 56
24 „Falsche Fossilien“ an Fronleichnam: Professor Beringer und die „Lügensteinaffäre“ 58
25 Apotheker Sutors „himmlischer Theriak“: Ein kostbares Wundermittel sorgt für Unruhe 60
26 Der Traum von der Gobelin-Manufaktur. Spital-Waise Andreas Pirot und der „gewebte Luxus“ 62
27 Adliges Frauenschicksal der Barockzeit – 1726 stirbt Dorothea Elisabeth von Castell im Spital 64
29 „Das ganze Leben ist dankbare Musik“: Der Barockkomponist Johann Valentin Rathgeber OSB 66
30 Der „Spatzenkrieg“ von 1746/47: Wie das Spital wegen 24 Spatzen jede Menge Ärger bekam 68
31 Fieberphantasien und phantastischer Stuck! Kunst und Krankheit Antonio Bossis 70
32 Wider den „sträflichen Müßiggang“: Das juliusspitälsche Zucht- und Arbeitshaus 72
33 Im Zuchthaus zum Krüppel geschlagen – und anschließend im Spital verpflegt? 74
34 Eine Heimstatt für die „Fallsüchtigen“: Aus der Geschichte des spitälischen Epileptikerhauses 76
35 Der „Königs von Ostindien“ im Juliusspital: Die abenteuerliche Geschichte des Joh. Georg Wüst 78
36 Auch als Narkotiseure hochgeschätzt: Die Geistlichkeit: Spitalpfarrer und Spitalkapläne 80
37 Prächtiger als ein Opernhaus: Der Umbau des Südflügels unter Fürstbischof von Erthal 82
38 Zum Universitätsjubiläum herausgeputzt: Festlichkeiten „zur Jubelfeyer 1782“ 84
39 „Feuerkatechismus“, Fibel und Gedichte –Jugendschriftsteller Joh. Peter Hofmann 86
40 „Zur Aufnahme der kranken Handwerker“: Würzburgs erste Krankenkasse 88
41 Die Waisenkinder „soll man nicht zärteln“: Juliusspitälsches Waisenhaus und Trivialschule 90
42 Von Chorknaben und Lausbuben: Das juliusspitälsche „Studentenmusäum“ 92
43 Nächtliches Blütenwunder im Barock: Exotische Kostbarkeit aus dem Reiche der Botanik 94
44 „Das steinerne Herz“ des Anatomen: Verblüffend detailgetreue Herzdarstellung auf einer Statue 96
Farbabbildungen
45 „Wo es raucht, knallt und stinkt: Professor Pickels Experimente in der Spitalapotheke 102
46 „Steinwein“ statt „Steinpein“: Weine aus den Spitalgütern: Oenologie und Urologie 104
47 Klinischer Unterricht am Krankenbett: Von den Wurzeln des modernen ‚bedside teaching‘ 106
48 „Alles im Blick und unter Kontrolle“: Spitalpfarrer Deppisch war Tag und Nacht erreichbar 108
49 „Die Doktoren und das liebe Vieh“: Viehseuchen, Fischsterben und Mäuseplagen 110
50 „Wohnstatt der Parzen und der Proserpina“: Poetisches und eher Prosaisches aus der Anatomie 112
Auswahlbibliographie 114
Quellen- und Literaturhinweise (Auswahl) 115
Personenregister 116
Ortsregister 118