Beschreibung
Die Astrologie ist eine jahrtausendealte Kulturtechnik und übt bis heute eine ungebrochene Faszination aus. Neben ihrem Anspruch, Prognosen der Zukunft zu ermöglichen, besteht die Attraktivität der Astrologie darin, Erklärungen der Gegenwart zu liefern. Eigenschaften und Verhaltensweisen einzelner Menschen können ebenso astrologisch begründet werden wie das Schicksal sozialer Gruppen oder ganzer Gesellschaften. Im 15. Jahrhundert entstand in Europa eine spezifische Form der Astrologie, die sich auf solche Erklärungen der sozialen Zustände konzentrierte und dabei fast gänzlich auf komplexe astronomische Berechnungen und konkrete Zukunftsprognosen verzichtete.
Die Arbeit untersucht, wie in dieser sogenannten Laienastrologie Vorstellungen von der sozialen Ordnung entworfen und vermittelt wurden. Diese Ordnungsentwürfe erweisen sich dabei als durchaus dynamisch: Überkommene astrologische Konzepte wurden in den Handschriften immer wieder aktualisiert, was sich in der Entstehung neuer Text- und Bildtypen ausdrückte. Die Studie zeigt mithilfe einer intersektionalen Analyse auf, wie stark einzelne soziale Ordnungskategorien auch in der Vormoderne aufeinander bezogen wurden. Diese Bezüge werden in den Quellen in Form der vier Primärqualitäten diskutiert, wodurch die Astrologie in einen engen Zusammenhang zu zeitgenössischen Medizin- und Körperdiskursen rückt. Die Arbeit liefert damit auch eine wichtige Fallstudie zur historischen Intersektionalitätsforschung.