Beschreibung
Ein Buch des Zwiespalts, der Abgründe, der Krankheit und der menschlichen Zerrüttung. Und ein Buch der Vision, der inneren Bilder, innerer dunkler Zusammenhänge, die ihre großartige Realisation im Wort finden. Schon Gottfried Benn stellte die ambivalente Grundprägung des Romans heraus: ein großer tragischer Wurf. Kimmerische Fahrt erzählt das Schicksal eines Kriegsheimkehrers nicht als Geschichte im herkömmlichen Sinn, als Abfolge von Ereignissen. Im Gegenteil, auf labyrinthische Weise sind die Erzählebenen und Figurenkonstellationen verschachtelt, und im ständigen, oft kaum merklichen Wechsel von halluzinativer Traumerzählung und diffuser Wirklichkeitsdarstellung verschieben sich die Handlungs-, Zeit- und Bezugskontexte. Auf seiner Reise nach Kimmerien das homerische Land lichtloser Gestalten am Eingang zum Hades, führt die verzweifelte Selbstsuche des Protagonisten immer wieder in Bereiche der absoluten Verneinung und des eigenen Todes. Werner Warsinsky hat seinen preisgekrönten Debütroman als Appell an den Einzelnen verstanden, sich den Verdrängunqsprozessen der deutschen Nachkriegsgesellschaft entgegenzustellen und sich dem Verschweigen zu widersetzen. Für seine Erzählerfigur ist das wiederholte Durchleben der traumatischen Erfahrungen einer grausam entmenschlichten Vergangenheit von Krieg und Terror schmerzhafte, aber unvermeidbare Notwendigkeit. Der Roman spricht eindringlich und in einer ganz eigenen Form von den Traumata der NS-Zeit, so wie es im Kontext von Wiederaufbau, kollektiver Verdrängung und neuem Wohlstand selnesgleichen sucht.
Autorenportrait
Werner Warsinsky, 1910 in Barlo/Bocholt geboren, Oberrealschule in Dortmund, Lehre als Buchhändler, Gesangsstudium in Dortmund, Ausbildung zum Opernsänger, ab 1931 Buchhändler in Bad Pyrmont, ab 1938 in Bochum, 1940-1945 Soldat der Wehrmacht, nach dem Krieg Tätigkeiten als Landarbeiter, Nachtwächter, Streckenarbeiter, Handlanger und Ofenhausarbeiter im Lüner Lippewerk der Vereinigten Aluminiumwerke AG, 1955-1975 Leiter der Stadtbücherei Lünen, im Ruhestand Wohnsitz in Münster, wo er 1992 starb. Für den Roman Kimmerische Fahrt wurde Werner Warsinsky 1953 mit dem erstmals vergebenen Europäischen Literaturpreis der Gemeinschaft der Büchergilden und Buchklubs ausgezeichnet. Der Roman war die literarische Entdeckung des Jahres, und sein Autor wurde als neuer Stern am Literaturhimmel der Nachkriegszeit gehandelt. Nach dem Überraschungserfolg seines Erstlings, der ihm auch kritische Rezensionen und insgesamt ein geteiltes Medienecho einbrachte, zog sich Warsinsky aus der literarischen Öffentlichkeit alsbald wieder zurück. Lediglich zwei schmale Lyrik-Bände sind in der Folge noch erschienen, wenngleich sein Nachlass den Autor als unablässig und vielfältig tätigen literarischen Produzenten ausweist.
Leseprobe
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Inhalt
Erstes Buch
Grenzübertritt
Die Brücke
Kimmerien
Die Unfallstation
Leonore
Zweites Buch
Die Schwelle
Dämmerung
Alfred
Die Mutter
Heimkehr
Drittes Buch
Omega
Die zerbrochene Tasse
Verloren
Der Scheiterhaufen
Gräber
Nachwort