Beschreibung
Piero Manzoni (1933-1963) gilt als wichtiger Wegbereiter zeitgenössischer Kunstrichtungen. Seine Kunst ist durch Konzepte geprägt, die sich in einer Integration lebensnaher Elemente wie Körperlichkeit, Handlungen und Vergänglichkeit manifestieren. Provokation, Ironie und ein ausgeprägtes Interesse an innerkünstlerischen Fragestellungen charakterisieren sein Oeuvre.
Die vorliegende Untersuchung widmet sich dem Topos Kunst und Leben, einem zeitgenössischen Spannungsfeld und zentralen Aspekt im Werk Manzonis. Der Künstler führt den Diskurs mit dem Ziel einer kritischen Standortbestimmung der Kunst, Elemente aus dem Bereich des Lebens dienen der Dekonstruktion eines traditionellen Kunstbegriffs.
Manzoni geht es nicht um einen ästhetisch-künstlerischen Ausdruck von Lebendigkeit, ebenso wenig um politische oder gesellschaftliche Veränderungen durch die Kunst. Hingegen bezieht er gezielt Lebensbereiche ein, die um 1960 im Kunstkontext unbekannt waren und provokativ wirkten. Mit Werken, die, wie etwa seine Eier, verzehrt wurden, oder mit der Arbeit Künstlerscheiße attackiert der Künstler gängige Vorstellungen von Kunst. Das Kunstwerk erscheint auf diese Weise als relativiert. Es wird von ihm durch die Einbeziehung von körperlichem Leben und Vergänglichkeit einer Entmythologisierung preisgegeben.
Dagegen mißt Manzoni der Rolle des Künstlers kunstkonstitutive Bedeutung bei. Er thematisiert den Künstler explizit in der Tradition bekannter Mythen, die ihn als einen Magier, Schamanen, Schöpfergott oder in der Rolle Christi sehen. Diese gebrochene Standortbestimmung bestätigt den Künstler in seiner herausragenden und schöpferischen Rolle. Auf dieser Basis autorisiert Manzoni seine Kunst, die verbindliche ästhetische Maßstäbe negiert und als künstlerisches Konzept Bereiche des Lebens in die Kunst einfließen läßt.