Beschreibung
Rumänien mag durchaus in Schriften und Texten bundesdeutscher AutorInnen thematisiert werden (häufig in denen von ausgereisten SchriftstellerInnen der deutschen Minderheiten des Karpatenlandes) – dass ein deutscher Dichter aus dem Rheinland aber einen Band zusammenstellt, in dem die Annäherungen vor allem an Rumänien zum inneren Kern seines Dichtens wie des Reflektierens und politischen Denkens erhoben werden, hat in der Literatur der Bundesrepublik kein Beispiel. „Rumänien“ gewinnt hier den Status eines poetisch erfühlten und sprachlich erschlossenen Zustandes, der weit über eine bloß literarische Reminiszenz an ein Land hinaus geht.
Markus Bauer
„România ist ein Wort aus dem inneren Klang von Europa, es sucht die Klänge der anderen, um zu singen, zu trauern, zu beglücken. Und so sind Deutschland und Rumänien verwandt, Geschwister durch Musik und Geschichte.
(…)
„România ist ein Ovid-Land, durch das die Gedichte von Georg Trakl gegangen sind. ‚Wanderer tritt still herein; /Schmerz versteinerte die Schwelle. / Da erglänzt in reiner Helle/ Auf dem Tische Brod und Wein.‘ – so lässt er das Gedicht „Ein Winterabend“ ausklingen und spielt sich zugleich Hölderlins Elegie „Brod und Wein“ und seine Donau-Hymnen zu.“
Matthias Buth
Rezension
Stimmen zur Lyrik von Matthias Buth
Was zeigt sich in diesen Gedichten? Der Entzug. Die Sehnsucht
nach Fülle des Tages, nach Ankunft und Bleibe. Insofern sind
sie romantisch. Alles atmet Geschichte, hat Vergangenheit. Ihr
beschreibbarer Mangel an Zukunft rührt vom Glanz ferner Zeiten her. So benennen die Gedichte Buths vieles, ihr Zentrum haben sie jedoch im Unbenennbaren. Demjenigen, was sich entzieht, was man ersehnt.
Ji?í Gruša
Diese Lyrik widersteht dem Kryptischen. Sie besticht durch ihre Eingängigkeit, bewirkt durch ihre schlichte Prägnanz ihrer Sprachbilder. Diese Gedichte verdienen, in uns zu Wort zu kommen.
Rüdiger Görner
Selten habe ich in der Gegenwartslyrik für unendliche Verlassenheit poetische Bilder von solch tragischer Ironie gefunden.- Ich bewundere, wie Beobachtungen, Reflexionen oder Erfahrungen unmittelbar in Poesie umgesetzt werden: Keine Krücken der Vermittlung.
Walter Hinck
Buths Empathie für Osteuropa inspirierte eines seiner besten Werke in diesem Band, das Poem „Liebliche Wohnungen“. Es geht um das Schicksal einer rumänischen Witwe, welche nach Ceau?escus Sturz, im Laufe der beginnenden Privatisierung ihre verstaatlichte Wohnung zu einem Spottpreis kaufte und bald darauf zu ihrer in Köln wohnenden Tochter auszog. Die spärlichen Quadratmeter Wohnfläche stehen seitdem leer: “Die Nachbarin vom Nebenhaus / Schaut immer mal vorbei / Hängt Handtücher in Bad und Küche / Lüftet und belebt die Abwesenheit / Die Betten warten vergeblich wie die / Fotos auf Schränken Tischen Absätzen.“ Eine präzise Diagnose des unsichtbaren, heimlos gewordenen ehemaligen Ostblocks. Matthias Buth kennt noch etwas aus jenen alten Zeiten, als die Literatur ihren vorindustriellen Charme noch nicht verloren hatte: die Direktheit der poetischen Subjektivität und die Freiheit sich der, zugegeben, kleiner gewordenen Leserschaft mitzuteilen.
György Dalos
Er verschwistert Prägnanz und Poetizität, die seiner Lyrik Tragfähigkeit und Ausstrahlung verleihen.
Karl Krolow
Aus beruflichen Gründen lernte der promovierte Jurist Buth die südöstlichen Kulturen des alten Europas kennen und lieben. Immer ist diese Liebe durchzogen von Musik: Die Doina ertönt, der traditionelle rumänische Gesang, der klagen, aber auch jauchzen kann. Hier besingt er eine hitzedurchglühte Natur, der Sonne wie aus dem Gesicht geschnitten, „rupt? din soare“, wie der rumänische Ausdruck lautet.
Ist das nun existentielle Lyrik? Ist es Naturlyrik? Es ist beides, in hohem Maße.
Axel Vieregg