Beschreibung
Im 2. Jahrhundert v. Chr. beginnt im Land der Kelten eine neue Ära: Der junge Aigonn schlägt seine erste Schlacht, die seinem Stamm fast den Untergang bringt. Das Blatt wendet sich überraschend, als eine junge Frau von den Toten aufersteht. Sie vertraut Aigonn an, dass in ihr eine alte, fremde Seele zurückgekehrt ist. Denn sie erkennt, dass er ein Seher ist, der die Geister der Toten sieht und in ihren zurückgelassenen Erinnerungen lesen kann. Gemeinsam versuchen sie, Antworten zu finden: Warum ist sie zurückgekehrt? Was hat es mit den rätselhaften Selbstmorden auf sich, die zurzeit passieren? Und welche Rolle spielt der Schamane Rowilan, dem Aigonn die Schuld am Tod seiner Schwester gibt? Die Spur, die sie finden, führt Aigonn weit in die Vergangenheit. Und unbemerkt auch auf den Weg eines neuen Gottes, der seine Macht erst noch zeigen wird. Ein fantastischer Abenteuerroman, der die Sagengestalten und Götter keltischer Kultur vor einem historischen Hintergrund zum Leben erweckt.
Autorenportrait
Astrid Rauner wurde 1991 in der hessischen Wetterau geboren. Seit dem Abschluss des Abiturs 2008 studiert sie Umweltmanagement in Gießen, seit März 2011 in einem Masterstudiengang Keltische und germanische Geschichte begleitet sie bereits seit ihrer Kindheit. Archäologische Funde aus Deutschland und Mitteleuropa inspirieren sie zu ihren Werken, in welchen sie zu ergründen versucht, wie die Lücken europäischer Vorgeschichte geschlossen werden können.
Leseprobe
Die SchlachtAigonn starrte schweigend in die Dunkelheit. Die Schwärze konnte ihn glauben machen, er wäre längst eingeschlafen. Doch selbst wenn ihm die Augen zufallen wollten, wusste er, in dieser Nacht würde es für ihn keinen Schlaf mehr geben. Das Feuer, das man draußen vor dem Zelt entzündet hatte, schimmerte noch blass und orange durch die alte Plane, erreichte aber nicht mehr die niedrige Decke. So starrte Aigonn in einen namenlosen Schatten hinein. Nur manchmal drehte er den Kopf zur Seite, fing den letzten Schein der Flammen ein. An ihnen haftete eine einfache, ursprüngliche Schönheit, die ihn hätte wehmütig werden lassen, wenn er den Moment hätte vergessen können. Diese Nacht aber brachte kein Vergessen. Es hatte doch alles keinen Zweck mehr!Die erregten Stimmen, die mit dem Sonnenuntergang noch das Lagerfeuer umgeben hatten, waren in der Stille der Nacht verschwunden. Es war eine trügerische Stille, weniger Ruhe als das Schweigen, das nur der Tod mit sich bringen konnte. Mochten all diese Krieger draußen noch am Leben sein, lange würde dieser Zustand nicht mehr andauern.Reglos lag Aigonn auf seinem Schafsfell. Das leise Atmen zweier weiterer Personen war das einzige Lebenszeichen in diesem Zelt, vielleicht im ganzen Heerlager. Der einzige Beweis für Aigonn, dass sie alle noch nicht gestorben waren. Das leise Flüstern, das vom nahen Wald her zu ihm herüberdrang, ein Raunen im Wind, das Kraft und Hoffnung längst verloren hatte, zählte nicht für ihn. So konnten auch die Klagelieder der Todesfeen klingen, wenn sie die gefallenen Seelen in die Andere Welt geleiteten.In jenem Zustand aus Halbschlaf und apathischem Wachen hätte Aigonn beinahe vergessen können, warum sie überhaupt an diesen Ort gekommen waren. Sie vierhundert. Sie letzter Überrest eines Heeres, das man dahingemetzelt hatte wie die Fliegen. Im Grunde hatte es keinen Sinn mehr, sich noch über solche Dinge Gedanken zu machen. Spätestens zur Mittagszeit des nächsten Tages würden sie alle tot sein.Aigonns Stamm, die Bärenjäger, hatte niemals die kriegerischen Auseinandersetzungen gesucht. Es mochte oftmals die Anklage gefallen sein, ihr Anführer Behlenos sei zu feige und nicht in der Lage, ein fähiges Heer zu formieren. Doch was immer die Gründe auch sein mochten, um zu diskutieren war es nun zu spät.Die Eichenleute waren ihnen die längste Zeit wohlgesonnen gewesen. Aigonn wusste nicht, was der Anführer ihres Stammes getan hatte, um das befreundete Volk so gegen sich aufzubringen. Aber sie waren wütend genug gewesen, um mit einem Schlag fünfhundert Krieger der Bärenjäger zu ihren Ahnen zu schicken. Sie vierhundert waren der klägliche Rest, der Behlenos geblieben war, um sein Land zu verteidigen - nicht in einer Festung. Sie hatten sich auf dem offenen Gelände verschanzt, am Rand eines unwegsamen Steilhanges, der von zwei Seiten Schutz bot und einen entscheidenden Höhenvorteil. Das unzugängliche Dickicht rund um ihre Siedlung machte es Feinden schwer, unbemerkt an anderer Stelle bis dorthin vorzudringen, sodass sie nun den schnellsten Durchgang verteidigten. Fraglich war nur, wie viel ihnen all das nützen würde. Behlenos mochte einfache Palisaden errichtet haben, die Nachtwachen verstärkt. Doch das Raunen, das vom Wald her in das Lager drang, verriet Aigonn, dass ihr Anführer dasselbe Bild gesehen hatte, das sich ihnen am vergangenen Tag geboten hatte.[]
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