Beschreibung
Sie ist brüchig geworden, die >Gnade der späten Geburt<. Das muss auch Johanna erkennen, die in Norwegen lebt. Ein gutes Leben eigentlich, mit Kindern, Mann und Job - wäre da nicht ein Fleck in ihrer Biographie, der im Grunde keiner ist. Was kann Johanna schließlich dafür, dass sie in Mauthausen geboren wurde? Sie hat keine Schuldgefühle, und doch antwortet sie auf die Fragen ihrer norwegischen Freunde nach ihrer Herkunft immer wieder so ungeschickt und ausweichend, dass sie am Ende 'gestehen' muss, in Mauthausen geboren zu sein. Und jedesmal spürt sie das Entsetzen der Freunde, ihr unmerkliches Abrücken, die nicht gestellten Fragen. Immer mehr sieht sich Johanna von ihrer Biographie eingekreist, begibt sich nun selbst auf die Suche nach verborgenen Hinweisen, denen sie bislang keine Bedeutung zugemessen hat: Die Kleinstadtidylle in einer kleinbürgerlichen Welt, die Sonntagsausflüge zum 'Lager', die Banalisierung des Unfassbaren, das Nicht-darüber-Reden, die zufällig mitgelauschten Gespräche - einer nach dem anderen fügen sich die Erinnerungssplitter zu einer Indizienkette zusammen, die sich wie eine Schlinge um ihren Hals legt. Magdalena Agdesteins Roman ist der Generation der Nachgeborenen gewidmet. All jenen, die sich vor dem ausgeschlagenen Erbe der Geschichte in Sicherheit wähnen. Die leise, eindringliche Sprache ist es, die uns zwingt, ihr zuzuhören.