Beschreibung
Die Pathogenese und die molekularen Grundlagen von Azinuszellkarzinomen des Pankreas sind weitgehend unklar. Klinisch handelt es sich um biologisch aggressive Tumoren, die durch häufige Metastasierung und hohe Rezidivraten nach operativer Tumorentfernung gekennzeichnet sind. Neben der Resektion angewandte konventionelle Therapieregime zeigen insgesamt unbefriedigende Ergebnisse, wobei sich therapierelevante Publikationen auf retrospektive Analysen beschränken und prospektive Therapiestudien an Azinuszellkarzinomen aufgrund ihrer Seltenheit nicht zu erwarten sind. In der vorliegenden Arbeit wird gezeigt, dass Azinuszellkarzinome des Pankreas durch einen mikrosatellitenstabilen, chromosomal instabilen Genoytp charakterisiert sind. Die Tumoren zeichnen sich durch zahlreiche rekurrente chromosomale Imbalancen aus, die bei geringer Überlappung mit zytogenetischen Befunden bei duktalen Pankreaskarzinomen und neuroendokrinen Pankreasneoplasien eine klare Diskriminierung der Tumorentitäten erlauben. Gemischt azinär-neuroendokrine Pankreaskarzinome gleichen zytogenetisch Azinuszellkarzinomen. In Mundspeicheldrüsen lokalisierte Azinuszellkarzinome zeigen in der CGH nur selten chromosomale Veränderungen ohne wesentliche Homologien mit Azinuszellkarzinomen des Pankreas. Weitere molekulare und immunhistochemische Untersuchungen zeigen zunächst, dass Azinuszellkarzinome des Pankreas im Gegensatz zu duktalen Pankreaskarzinomen mehrheitlich Dysregulation von DCC aufweisen, was ein frühes Ereignis in der Tumorigenese darstellen könnte. Eine mögliche Rolle während der Tumorprogression nimmt c-MYC ein, das in einer Subgruppe der Azinuszellkarzinome amplifiziert vorliegt. Als therapeutische Marker bzw. Zielstrukturen, die bei häufigeren Tumorentitäten bereits präklinisch und klinisch Therapierfolge erbracht haben und auch bei Azinuszellkarzinomen zur Anwendung gelangen könnten, werden EGFR, L1CAM und HSP90 sowie aufgrund eines häufigen MGMT-Verlusts alykylierende Substanzen identifiziert. Vergleichende Untersuchungen mit duktalen und anaplastischen Pankreaskarzinomen sowie mit neuroendokrinen Pankreasneoplasien ergeben, dass EGFR, L1CAM und HSP90 auch für diese Tumorentitäten vielversprechende therapeutische Zielstrukturen darstellen. Durch funktionelle Analysen wird in neuroendokrinen Pankreasneoplasie-Zelllinien aufgezeigt, dass durch Inhibierung von EGFR und HSP90 über eine Zunahme der Apoptoserate bzw. einen Zellzyklusarrest die Tumorzellviabilität signifikant reduziert wird. HSP90-Inhibierung inaktiviert außerdem gleichzeitig mehrere onkogene Proteine und verstärkt therapeutische Effekte mit herkömmlichen Chemotherapeutika 5-FU und Doxorubizin. Über seine potentielle Rolle als therapeutische Zielstruktur hinaus deuten die hier erhobenen Befunde darauf hin, dass L1CAM in duktalen Pankreaskarzinomen auch an der Tumorigenese beteiligt ist. Andererseits zeichnet sich ab, dass eine Therapie gegen Her2 für die untersuchten Tumorentitäten keine Rolle spielt, und eine gegen BRAF gerichtete Therapie allenfalls in Einzelfällen, wobei aufgrund seltener k-ras-Mutationen insbesondere junge Patienten mit duktalen Pankreaskarzinome diesbezüglich untersucht werden sollten. Schließlich wird erarbeitet, dass es sich bei Azinuszellzystadenomen um nicht-klonale Läsionen handelt, was auch vor dem Hintergrund morphologischer und klinischer Befunde gegen eine neoplastische und für eine reaktive Natur dieser Läsionen spricht.