Beschreibung
Die persönliche Freiheit aller Menschen in Deutschland, wie sie uns heutzutage im zweiten Artikel des Grundgesetzes garantiert wird, ist eine relativ junge Errungenschaft unseres Gemeinwesens. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts war der größte Teil der auf deutschem Boden lebenden Bevölkerung, die mehrheitlich aus Bauern bestand, in unterschiedlichen Formen von einem Herrn abhängig. Das bedeutete, dass z.B. die hörigen Bauern über ihr Leben nicht selbst bestimmen konnten: Sie durften nicht ohne Genehmigung des Herrn heiraten, durften seinen Herrschaftsbereich nicht verlassen und konnten über ihr Erbe nicht frei verfügen.Die Unfreiheit bot aber auch einen gewissen Schutz. Der Herr war verpflichtet, seinen Hörigen in außergewöhnlichen Situationen Hilfe zu leisten, was für einen Bauern, der die Welt außerhalb seines Hofes kaum kannte, sehr wichtig sein konnte, wenn er zum Beispiel vor Gericht erscheinen musste oder von Feinden bedroht wurde. Trotzdem versuchten viele Bauern für sich oder ihre Kinder einen "Freibrief" zu erlangen. Der Freibrief war der urkundliche Nachweis, der die persönliche Freiheit bestätigte. Er war ein begehrtes Dokument, für das man bereit war, eine hohe Summe zu bezahlen. Aufgrund ihrer Wichtigkeit für den vormodernen Menschen hat sich eine große Anzahl dieser Schriftstücke bewahrt, die heute nicht nur dem Familienforscher, sondern auch dem Historiker wichtige Informationen über die Vergangenheit vermitteln. Eine kleine Sammlung von Freibriefen, die seit dem 16. Jahrhundert für Einwohner des westfälischen Kirchspiels Lienen ausgestellt wurden, sollen im Folgenden abgedruckt werden. Um die Quellen in ihren historischen Zusammenhang einordnen zu können, soll zudem ein Einblick in das Wesen der westfälischen Eigenbehörigkeit gegeben werden. Dazu wurden neben kurzen, ins Thema einführenden Bemerkungen, weiterführende Quellen ergänzt.