Beschreibung
Kann jemand, der aus einer jüdischen Familie kommt, ein guter Sowjetbürger sein? Und was tun, wenn die Vorfahren aus der Bourgeoisie stammen? Was passiert, wenn man eine alte Lehrerin so lange ärgert, bis sie sich zu einem konterrevolutionären 'barmherziger Gott' hinreißen lässt? Was, wenn der Trotzkimörder Bibliotheksnachbar ist? Ist es opportun, den Kontakt zu seinem in Ungnade gefallenen Professor, dem man so viel zu verdanken hat, aufrechtzuerhalten? Victor Zaslavsky erzählt wunderbar einfach, fast beiläufig und dabei nicht selten komisch von den Menschen, die bei scheinbar alltäglichen Entscheidungen und Begegnungen an einen Wendepunkt ihres Schicksals geraten. Sollen sie ihrem Gewissen oder den undurchschaubaren Dogmen der Partei folgen? Es sind Erinnerungen an seine Kinder-, Jugend- und Studentenzeit, eine Serie von Anekdoten, in denen unversehens große Lebensgeschichten abgebildet werden. So entsteht das Portrait eines Russlands, das nach dem richtigen kommunistischen Weg sucht und dabei absurden Windungen folgt, ohne Rücksicht auf den Einzelnen. Ein Russland, an das Putin heute gerne wieder anknüpfen möchte.
Autorenportrait
Victor Zaslavsky, geboren 1937 in Leningrad (heute St. Petersburg), arbeitete zehn Jahre als Ingenieur und unterrichtete anschließend Soziologie an der Universität Leningrad. Nach der Emigration 1975 lehrte er an der University of California, der Stanford University und an den Universitäten von Florenz, Venedig, Bergamo, Neapel und zuletzt in Rom. Er starb 2009 in Rom. Bei Wagenbach lieferbar: "Russland. Kein Weg aus dem postkommunistischen Übergang?" und "Klassensäuberung. Das Massaker von Katyn". Für dieses Buch erhielt er 2008 den HannahArendtPreis.