Beschreibung
Was trinkst du? Wie wär' s mit einem Cocktail? Oh je. In deiner Generation trinkt man noch Humpen voller Bier. Oder hast du schon zu Pfefferminztee gewechselt? Den habe ich auch auf der Karte. Sehe ich etwa nach Pfefferminztee aus?, grinste ich. Ich meine, dass ein Cocktail schon das Richtige für mich ist. Zum Beispiel ein Manhattan. Du meinst Whiskey mit Wermut? Ich war ein bisschen stolz darauf, weil ich sie hatte verblüffen können. Sie hatte nicht erwartet, dass mir überhaupt ein Cocktailname einfiele, ich sah es ihr an. Einen Manhattan, für den alten Freund meiner Mutter! Geht aufs Haus! Sie grinste mich an. Alle Achtung, ein Cocktail. Ich dachte immer, dass du dich nur mit dem falschen Bewusstsein auskennst, nicht aber mit den individualistischen Sonnenseiten des Daseins. Ich brüllte auf vor Lachen. Ihre Bemerkung war große Klasse, ein bisschen frech, aber den Nagel auf den Kopf getroffen. Man merkte ihr an, dass sie die Erziehung einer Alt-Achtundsechzigerin genossen hatte. Das schmeichelte meiner Generation und, weil ich dazugehörte, letztlich auch mir. Damals waren wir streng und selbstgerecht, sagte ich mit einem Achselzucken. Mach dir nichts draus. Ihr konntet nichts dafür. Ihr seid von euren Nazi-Eltern streng und selbstgerecht erzogen worden. Natürlich musstet ihr hinter jedem Cocktail gleich eine amerikanische Verschwörung befürchten.
Autorenportrait
Geboren 1954 in der Nähe von Stuttgart, nach einem naturwissenschaftlichen Studium heute tätig im Bildungs- und Medienbereich
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