Beschreibung
Skript aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Soziologie - Kultur, Technik, Völker, Sprache: Deutsch, Abstract: Ästhetik und Japan sind im gängigen westlichen Bewusstsein eng verbunden.1 Insbesondere wird die japanische Teezeremonie, mit höchsten ästhetischen Prädikaten versehen, inzwischen in alle Welt exportiert. Zu dieser Entwicklung wesentlich beigetragen hat das 1906 in englischer Sprache verfasste und erst einige Jahre später auf Japanisch übersetzte The Book of Tea von K. Okakura. Dieses Buch stellt die Teezeremonie dem Westen als japanische Kunstform vor und charakterisiert sie als Religion des Ästhetizismus.2 Dass diese neue Hochschätzung der Teezeremonie im Kontext damaliger gesellschaftlicher Entwicklungen zu sehen ist, zeigt etwa schon nur die Tatsache, dass sie noch in einer wichtigen japanischen Enzyklopädie (Enzyklopädie der alten Dinge; Kojiruien) anfangs der Meiji-Zeit (1867-1912) lediglich unter der Rubrik Kinderspiele und Vergnügungen erwähnt wird. 3 Tatsächlich ist die Interpretation der Teezeremonie durch Okakura ein Ausdruck für die Neuformierungsversuche japanischer Identität jener Zeit, die sich dem Westen in möglichst vorteilhaftem Lichte zu präsentierten suchten.4 [.] == 1 Schaumann, Werner (Hg.); Ästhetik und Ästhetisierung in Japan. Referate des 3. Japanologentages der Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens (OAG) 1992, 7-10. 2 K. Okakura, The Book of Tea, New York 1906, deutsch 1979, 9; durch die Lektüre des Buches sollen die Anhänger der Teezeremonie zu Aristokraten guten Geschmacks werden, ebd.9. Die religiös- philosophische Deutung der Teezeremonie, die Zen-und Tee-Praxis für geradezu identisch erklärt, wurde später stärker ausgearbeitet, z.B. von Sh. Hisamatsu (Die Religion des Wabi ist eine Religion des Nichts); vgl. N.J. Gülberg, Eine philosophische Ästhetik des Teeweges - zum Werk Hisamatsu Shinichs (1889-1980); in: W. Schaumann (Hg.), Ästhetik und Ästhetisierung in Japan, 1993, 119-129, 125. 3 Vgl. W. Schaumann (Hg.); Ästhetik und Ästhetisierung in Japan. 111. Freilich gibt es schon aus der ersten Begegnung von Europäern im 16. Jahrhundert Berichte, wonach das dem europäischen Geschmack fremde Schlichtheitsideal der Teezeremonie Erstaunen und Interesse weckte. Deren Studium und Praxis wurde Teil der jesuitischen Missionsstrategie im Interesse einer kulturellen Adaption. 4 So soll und kann nach Okakura, Das Buch vom Tee 1979, 10, der Leser durch die Teezeremonie den wahren Geist östlicher Demokratie kennenlernen.