Beschreibung
Der mit dem spatial turn initiierte Raum-Diskurs hat die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften nach jahrzehntelanger "Raumvergessenheit" zunehmend raumbewusster gemacht. Dieses Anregungspotential hat auch den Blick für die Pluralität von Raumbegriffen und -konzepten geschärft. Die Autoren des Bandes greifen deshalb die inzwischen vorliegenden theoretisch-konzeptionellen Ideen auf, um ihre Brauchbarkeit und ihren erkenntnisfördernden Gewinn am konkreten Gegenstand ,Westfalen' zu überprüfen. Ihre Beiträge verdeutlichen die gesellschaftliche Funktion und Wirkung von Raumvorstellungen und -bezügen in historischer Perspektive.Die Konstruktion eines Raumes ,Westfalen' durch die Kulturraumforschung der 1930er bis 1960er Jahre wird anhand kritischer Analysen in sprachgeschichtlicher und geographischer Perspektive beleuchtet, die Konkretisierung dieser Raumkonstruktion auf die Sichtweisen und das Handeln der Kulturpolitik und kultureller Eliten zurückgeführt. Studien zur Wechselwirkung von politischen Grenzen und mentaler Orientierung, von sozialem Handeln und regionaler Identität, zu Konflikten zwischen Regionalismen und zur niederländischen Sicht auf Westfalen beantworten die Frage nach dem Einfluss von Raumbegriffen, der nur selten mit dem Anspruch und der Fähigkeit der Raumkonstrukteure gleichzusetzen ist. Beiträge zur raumprägenden Wirkung von Religiosität, Wirtschaftsstrukturen, Herrschaft, Verwaltung und Recht veranschaulichen die unterschiedliche Reichweite von Raumfaktoren und belegen die vielfache Überlagerung unterschiedlicher Raumkonstruktionen in Westfalen.
Autorenportrait
Prof. Dr. Wilfried Reininghaus, geb. 1950, 1. Vorsitzender der Historischen Kommission für Westfalen, 2004 bis 2013 Präsident des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen. Prof. Dr. Bernd Walter, geb. 1951, seit 1999 Leiter des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte, seit 2002 außerplanmäßiger Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Münster.