Die zunehmende Skepsis in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts gegenüber ganzheitlichen Konzepten von Subjekt und Geschichte (z.B. als "Ende der Geschichte" und als "Tod des Subjekts") ist in den vergangenen Jahren im Zuge der Wenden zur Anthropologie und zur Geschichte - insbesondere in den Kulturwissenschaften - einer neuen Aktualität beider Begriffe gewichen. Die internationalen Beiträge des Bandes skizzieren als erste übergreifende systematische Auseinandersetzung das durch neuere Subjektkonzeptionen und Geschichtsmodelle eröffnete theoretische Feld, in dem die Vielfältigkeit des Handelns von Subjekten in und mit der Geschichte deutlich wird. Aus der Perspektive von Philosophie, Geschichts-, Kunst-, Literatur- und Kulturwissenschaft werden die Wechselverhältnisse sowie Denk- und Darstellungsweisen von Subjekten und Geschichte(n) auf ihre epistemischen, ästhetischen und handlungstheoretischen Konsequenzen hin untersucht.
Der Band unterteilt sich in drei Sektionen "Subjekt und Geschichte im nachmetaphysischen Zeitalter", "Theorie und Geschichtsschreibung" sowie "Inszenierungen von Subjekt und Geschichte".
Stefan Deines/Stephan Jaeger/Ansgar Nünning, Subjektivierung von Geschichte(n) - Historisierung von Subjekten. Ein Spannungsverhältnis im gegenwärtigen Theoriediskurs
I. Subjekt und Geschichte im 'nachmetaphysischen' Zeitalter
Heinz Dieter Kittsteiner, Karl Marx in der Kehre Heideggers
Thomas R. Wolf, Leben in Geschichte(n). Zur Hermeneutik des historisch-narrativen Subjekts
Stefan Deines, Über die Grenzen des Verfügbaren. Zu den Bedingungen und Möglichkeiten kritischer Handlungsfähigkeit
Hans Herbert Kögler, Situierte Autonomie: Zur Wiederkehr des Subjekts nach Foucault
Moritz Baßler, Das Subjekt als Abkürzung
Elizabeth Deeds Ermarth, The Trouble With History
II. Theorie und Geschichtsschreibung
Stephan Jaeger, Geschichte als Wahrnehmungsprozeß. Ihr selbstreflexiver Vollzug in der Geschichtsschreibung
Marian Füssel, Die Rückkehr des 'Subjekts' in der Kulturgeschichte. Beobachtungen aus praxeologischer Perspektive
Helmut Galle, Das Subjekt angesichts des Äußersten. Zeugnisse von Holocaust-Opfern als Dokumente für die Widerständigkeit von Subjektivität
Daniel Fulda, Hat Geschichte ein Geschlecht? Gegenderte Autorschaft im historischen Diskurs
III. Inszenierungen von Subjekt und Geschichte in Kunst und Literatur
Stephan Bann, Oscillations of the I. Academic Painting after the French Revolution (Louis Hersent, Léopold Robert, Paul Delaroche)
Dorothee Kimmich, Charlie Chaplin und Siegfried Kracauer. Bemerkungen zum Verhältnis von Geschichte, Kunst und Kino
Ansgar Nünning, Die Rückkehr des sinnstiftenden Subjekts. Selbstreflexive Inszenierungen von historisierten Subjekten und subjektivierten Geschichten in britischen und postkolonialen historischen Romanen der Gegenwart
Sabine Kyora, Literarische Inszenierungen von Subjekt und Geschichte in den Zeiten der Postmoderne
Silke Horstkotte, Literarische Subjektivität und die Figur des Transgenerationellen in Marcel BeyersSpione und Rachel SeiffertsThe Dark Room
Marcel Beyer, Das wilde Tier im Kopf des Historikers