Beschreibung
Der Deutsche Fotograf Thomas Karsten (*1958) war von 2008 bis 2012 mehrfach in Uganda und realisierte verschiedene Bildkonvolute über Land und Leute. Jenseits der touristischen Perspektive und folglich gefälliger Blütenlese zeigt er eindrückliche, ethnografisch orientierte Bildreporte. Nicht das Abfotografieren ist seine Methode, sondern die fotografische Recherche und damit die visuelle Verdichtung von Zusammenhängen. Immer stehen dabei die Menschen im Zentrum, die sich in ihrer schnell verändernden Lebenswelt zurechtfinden müssen oder wollen.
Als Aktfotograf bringt Thomas Karsten, mittlerweile mit einer Uganderin verheiratet, eine reiche Erfahrung an Einfühlungsvermögen, Anteilnahme und Menschlichkeit mit, um einige Brennpunkte der schwarzafrikanischen Wandlungsprozesse aus europäischer Sicht besonders eindrücklich zu visualisieren. Seine Reportagen wollen keine Fotojournale einer Reise sein, keine fotografische Miszellen von Zufälligkeiten, keine Blütenlese schöner Augenblicke. Als engagierter Autorenfotograf und -filmer, hat er Themen gesucht und bearbeitet, die weit über die illustrativen Randnotizen einer Pressemeldung hinausgehen. Die Arbeiten werden hier in Deutschland erstmals in der ganzen Bandbreite gezeigt und in einer gleichnamigen Publikation veröffentlicht.
„60 bicycles for Uganda“ dokumentiert in stimmigen Gruppenbildern eine Hilfsinitiative der Michael Horbach Stiftung, nämlich die Verteilung von Fahrrädern an bedürftige Familien in Uganda. In den meisten ländlichen Gebieten Ugandas gibt es keine öffentlichen Transportmittel. Der Besitz eines stabilen Fahrrades kann den ugandischen Familien daher die Möglichkeit eröffnen, als Kleinunternehmer tätig zu werden. So können sie mit dem stets selbstverantwortlich gepflegten Gefährt Güter transportieren oder Taxidienste anbieten und sich damit eine eigene Existenz aufbauen.
In der Serie „Foundation MUKISA“ werden ugandische Mütter mit ihren behinderten Kindern porträtiert. Kinder, die von einer körperlichen oder geistigen Behinderung betroffen sind, haben es in Afrika besonders schwer: Es gibt keine Gesetze, die sie schützen. Sie haben keine Rechtsansprüche, weil ihre Mütter häufig der Hexerei beschuldigt werden. Die Frauen schämen sich für ihre Kinder und verstecken sie vor den Augen der Gemeinschaft. „Mein Anliegen war, diesen Schleier zu lüften und den Frauen und ihren Kindern ein Gesicht zu geben“, so Thomas Karsten.
In der ugandischen Nahrungskette spielt die Fleischverarbeitung nach wie vor eine zentrale Rolle. Die Möglichkeit, in einem von einem deutschen Metzger geführten Schlachthof in Kampala zu fotografieren, hat der Fotograf genutzt und den Einweg des Tiers zum Fleisch eindrücklich dokumentiert. Im Gegensatz zu europäischen Gepflogenheiten werden im christlich dominierten Uganda die Tiere geschächtet, also ohne Betäubung mit einem gezielten, händisch geführten Messerschnitt in den Hals getötet und weiterverarbeitet. Die Serie „Top Cut“ ist wahrlich nichts für Zartbesaitete.
Eine weitere Serie befasst sich mit Ausbildungsstätten für handwerkliche Berufe, die einen Einblick in das System der Berufsbildung und ihre Rahmenbedingungen geben. Eine fünfte Serie ist der Unterhaltungsindustrie gewidmet, bei der in martialischer Rollenfigur das Personal von Actionfilmen porträtiert wird. Eine letzte Serie zeigt, wo die Zukunft Afrikas liegt: Kinder in ihrer unbändigen Herzlichkeit, Schelmenhaftigkeit und Lebensfreude, ein gefühlsvoller Reichtum trotz wirtschaftlicher Armut.