Beschreibung
Jeder Mensch ist ein Theatertier - so ließe sich Nikolaj Evreinovs dreibändiges, zwischen 1914 und 1917 verfasstes Werk zusammenfassen. Evreinov plädiert für mehr Theatralität (teatralnost) im Theater und im Leben, wobei er Theatralität nicht für etwas Künstliches hält, sondern für die natürlichste Sache der Welt: für einen menschlichen Instinkt. Die hier vorliegende deutsche Erstübersetzung soll nicht nur den in Vergessenheit geratenen Regisseur, Dramatiker und Theoretiker, der zu den wichtigsten Innovatoren der russischen Theateravantgarde zählte, wieder in Erinnerung bringen, sondern auch seine Überlegungen zur Theatralität für die heutige Diskussion erschließen.
Autorenportrait
Nikolaj Evreinov (1879-1953), Theatertheoretiker, Regisseur und Dramatiker, der mit seinen Theorien zur »natürlichen« Theatralität des Menschen, zum »Theater als solchen« und zum »Theater für sich« bekannt wurde. Seine Theaterstücke, u.a. Monodramen und Stücke, die seine Idee der Theatertherapie aufführten, waren ästhetisch eher konventionell. Mit Wiederholung bzw. Reenactment beschäftigte sich Evreinov bereits in dem von ihm mitbegründeten Starinnyj Theater (Altertümliches Theater), wo er historische Aufführungen rekonstruierte und reinszenierte. Auch nach seiner Emigration nach Paris (1924) verfolgte er die Theatralisierung der Sowjetunion und schrieb u.a. ein Stück über die Schauprozesse, Die Schritte der Nemesis (Sagi nemezidy), das diese als Theater reinszeniert. Beim Sturm auf den Winterpalast war Evreinov Chefregisseur und wurde dafür von der Militärverwaltung »abkommandiert«.