Beschreibung
Zwei korrespondierende Bewegungen zeichnen sich im kritischen Antihumanismus der Gegenwartsphilosophie ab: Die Hinwendung zur Produktivität der Materie und damit zu einer Reontologisierung des Diskurses sowie ein manifester Relationalismus, der von einer egalitären Vernetzung zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Entitäten ausgeht und tendenziell eine Agentialität des Nonhumanen behauptet. Im Gegensatz zu den philosophischen Entwürfen der 1970er bis 1990er Jahre scheint jedoch eine durchgehende Perspektive wie auch ein konsistenter Begriff des Gesellschaftlichen zu fehlen, sodass man - parallel zu seiner technischen Destruktion durch digitale Medien - von einem Verschwinden des Sozialen überhaupt sprechen muss. Die gegenwärtige politische Krise ist diesem Verschwinden geschuldet. Die verschiedenen Texte dieses Bandes zu Jean-Luc Nancy, Bruno Latour, Gilbert Simondon und dem New Materialism eint eine Analyse dieser Krisensituation, indem sie als Gegenkonzept den antiken Begriff der kononia als eine Beziehungsform ins Spiel bringt, die die Ethizität des Gemeinschaftlichen allererst begründet, ohne auf formale Modelle wie Mitsein, Partizipation oder Relation zurückzugreifen. Vehement tritt das Buch so für die Unverzichtbarkeit einer gleichermaßen humanen wie sozialen Dimension des Denkens ein.
Autorenportrait
Dieter Mersch war bis zu seiner Emeritierung Professor fu¨r Ästhetik an der Zu¨rcher Hochschule der Künste und ist Präsident der Deutschen Gesellschaft fu¨r Ästhetik. Studium der Mathematik und Philosophie in Köln, Bochum und Darmstadt. Mitherausgeber des Internationalen Jahrbuchs fu¨r Medienphilosophie. Arbeitsschwerpunkte: Philosophische Ästhetik, Kunsttheorie, Medienphilosophie, Bildtheorie, Musikphilosophie und kontinentale Philosophie des 20. und 21. Jahrhunderts.