Beschreibung
Diese Arbeit ist im September 2013 mit dem wissenschaftlichen Preis der Keynes-Gesellschaft ausgezeichnet worden. Makroökonomische Potenzialgrößen wie das gesamtwirtschaftliche Wachstumspotenzial, das von ihm abgeleitete konjunkturbereinigte fiskalische Defizit oder die inflationsstabile Arbeitslosigkeit sind aus der Bewertung wirtschaftspolitischer Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene nicht mehr wegzudenken. Ihre praktische Anwendbarkeit hängt allerdings wesentlich davon ab, dass Potenzialgrößen tatsächlich strukturell bestimmt sind und von kurz- und mittelfristigen konjunkturellen Einflüssen im Wesentlichen unberührt bleiben. Die vorliegende Arbeit liefert eine Kritik dieser Grundannahme der neuklassisch-neukeynesianischen Synthese der Makroökonomik. Der erste Teil zeichnet die Entwicklung der allgemeinen Gleichgewichtstheorie von Walras bis in die Gegenwart nach und zeigt die Wandlung von der Betrachtung in historischer Zeit ablaufender Prozesse mit sukzessiver Anpassung an das allgemeine Gleichgewicht hin zur Modellierung zeitloser Prozesses umgehender Anpassung bei Verbot von Nicht-Gleichgewichtstransaktionen in der neowalrasianischen Fassung nach Arrow und Debreu, die die axiomatische Grundlage der modernen Makroökonomik bildet. Der zweite Teil kontrastiert dieses neowalrasianische Idealbild mit der Realität, in der kurz- und mittelfristige Entwicklungen dauerhafte Auswirkungen auf strukturelle Größen haben. Ein Schwerpunkt liegt auf den sogenannten Hystereseeffekten vor allem am Arbeitsmarkt, die auch in der Mainstream-Literatur seit geraumer Zeit Beachtung finden. Die vorliegende Arbeit erweitert diese Betrachtung insbesondere um die Untersuchung pfadabhängiger Entwicklungen im Bereich der Kapitalstockbildung, die ihrerseits mit der gesamtwirtschaftlichen Arbeitsmarktentwicklung in Wechselwirkung stehen. In dem Maße, in dem eine - zumindest teilweise - Abhängigkeit vermeintlich exogener Potenzialgrößen von der kurz- und mittelfristigen ökonomischen Entwicklung anerkannt wird, ergeben sich wesentliche Implikationen für das Gleichgewichtsparadigma des makroökonomischen Synthesemodells ebenso wie für die Konzipierung angemessener Wirtschaftspolitik - gerade in Zeiten krisenhafter Unterauslastung der Produktionskapazitäten.