Die vorliegende Studie befasst sich mit der wechselvollen und ambivalenten Geschichte der Homosexualität_en in Deutschland um 1900. Sie zeigt auf, wie sich die vormals weitgehend getrennten Sphären weiblicher und männlicher Homosexualität_en im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts aufeinander zubewegten. Dabei reintegriert die Autorin einerseits weibliche Beiträge zur sexualwissenschaftlichen Debatte in den historischen Diskurs und arbeitet andererseits das klassenspezifische Verhältnis zwischen bürgerlichen Homosexuellen- und Frauenrechtler*innen und Sexarbeiter*innen heraus. Die Untersuchung kulminiert schließlich in einer umfassenden Neuinterpretation der in der bisherigen Forschung unterschätzten Debatte um die Neufassung des § 175-250 zwischen 1909 und 1913, in der sowohl die gemeinsame Strafbarkeit männlicher und weiblicher Homosexualität_en als auch eine als klassenspezifisch identifizierte Binnentrennung innerhalb des Deliktes diskutiert wurde. Im Sinne einer vergleichenden Homosexualitätsforschung nimmt die Studie damit die gemeinsame Geschichte in den Blick und lässt zugleich Raum für Unterschiede und Widersprüche.