Literatur und Zeitgeschichte in der Sowjetunion
Zum Wandel alternativer Geschichtsentwürfe in der sowjetischen Prosa und Literat
Waschik, Klaus / Eimermacher, /
Erschienen am
01.11.2000
Beschreibung
Aus der Gegenwart heraus Vergangenes neu zu denken, um es damit für die Planung der Zukunft verfügbar zu machen, ist - oft unerklärte - Absicht von Geschichtsrevision. Die sowjetische Literatur der 60er bis 80er Jahre macht hier keine Ausnahme. Der Vernichtung kollektiver Identität durch den Stalinismus stellt sie jedoch in beeindruckender Weise ihre Re-Vision geschichtlicher Ereignisse und Strukturen entgegen und vermag es, nicht nur die Pathologie stalinistischer Ideologie offenzulegen, sondern auch ein literarisches Gedächtnis für die Spuren der eigenen, sowjetischen Geschichtlichkeit neu zu entwickeln. Lange vor der Perestrojka setzt damit eine kritische Analyse und Umwertung stalinistischer Zeitgeschichte ein, die sich in den Erfahrungshorizont der spätsowjetischen Gesellschaft einschreibt und - entgegen ursprünglicher Hoffnungen - den alltäglichen Verlust utopischer Potentiale beschleunigt. Dem zeitgeschichtlichen Wandel als Faszinosum und Tremendum verhaftet, entwickelt sich aus frühem anti-stalinistischen Pathos in den 80er Jahren ein forschendes Nachdenken über die Sinnhaftigkeit und Grenzen historischer Erfahrung. Die Ende der 80er Jahre entstandene Studie zeichnet den Transformationsprozeß der Konzeptionen von Zeitgeschichte in der Prosa der 60er bis 80er Jahre im Kontext von Literaturkritik und ethischer Auseinandersetzung um ein neues Menschenbild nach.