Beschreibung
Florian Steiner, Professor der Politikwissenschaft, ist charismatisch, eloquent und mit einem beachtlichen IQ ausgestattet. Von den untätigen Politikern, dem Populismus und Nationalismus frustriert, gründet er seine eigene Partei und kündigt eine autokratische Herrschaft im Sinne des Gemeinwohls an.
Der Erfolg gibt ihm Recht und den nötigen Aufwind, die extremen Forderungen nach verpflichtendem Arbeitsdienst, Wählerführerschein und Resozialisierungen in der Alpenrepublik durchzusetzen.
Während der Verführer der Massen an ausgeklügelten Propagandakonzepten feilt und sich sein Aufstieg auf EU-Ebene ausdehnt, wachsen in Steiners Frau die Zweifel an seiner Arbeit.
Provokant, geistreich und erfrischend entwirft Astrid Schilcher, stellvertretend für unsere westlichen Demokratien, das Bild einer österreichischen Zukunftsgesellschaft.
Autorenportrait
Astrid Schilcher wurde in Graz geboren, wo sie seit 2016 auch wieder lebt. Sie studierte Kunstgeschichte, Dolmetsch und hat ein abgeschlossenes Volkswirtschaftsstudium.
Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie ein Consulting Unternehmen und ist Lektorin an zwei Fachhochschulen. Privat schon immer ein Büchernarr, gibt sie nun ihrer gesellschaftskritischen Erzählstimme Raum. Ihr erster Roman "Mitgefühl für den Teufel" erschien 2018 im Keiper Verlag.
Leseprobe
Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortung erscheinen als das Paradies. Allmählich sickert dann die Erkenntnis durch, dass damit auch Konsequenzen verknüpft sind, worauf die Mehrheit genauso schnell zu Wutbürgern mutiert, wie sie anfänglich in Freudengeheul ausgebrochen ist. Ihr Zorn richtet sich gegen den Staat, der nicht gut genug für sie sorgt und ihre Blödheiten ausbadet, gegen Ausländer oder die Elite, die Schuld an ihren Misserfolgen ist und zum Volksfeind stigmatisiert wird. Am Ende sucht dieses ominöse Volk schließlich sein Heil bei den Rechtspopulisten. Ich habe diese Idioten so satt. Nicht umsonst habe ich unmittelbar nach der Schule mit meinem Elternhaus gebrochen, flüchtete auf die Uni. Die Abkehr von einem von Misstrauen gegenüber Leistung, selbst erarbeitetem Erfolg und Akademikern vergifteten Umfeld war ein Befreiungsschlag, meinen Ehrgeiz auszuleben Balsam für Geist und Seele. Heute meinen meine Eltern plötzlich, stolz auf mich zu sein. Ihr Geschwafel kann mir gestohlen bleiben.Unser Staatsoberhaupt ist angesichts der wachsenden Proteste eher frustriert als besorgt. In der Alpenrepublik verfügt er nach wie vor über soliden Rückhalt, sitzt fest im Sattel. Ich sehe das Ganze weniger entspannt. Der Druck steigt, unser Weg an die Spitze der EU ist gefährdet. Gebetsmühlenartig betonen wir gegenüber den Medien immer wieder die Freiwilligkeit von DARWIN. Umsonst. Sozialer Druck, Gefahr von Repressionen, Überwachung, mehr fällt diesen kurzsichtigen Kleingeistern nicht ein. Florian braucht dringend eine Popularitätstour. Vier-Augen-Gespräche mit den wichtigsten europäischen Regierungschefs sowie in- und ausländischen Journalisten. Die konzeptionelle Arbeit läuft gerade auf Hochtouren. Neue Wege - Fortschritt braucht DARWIN lautet das Motto unserer Kommunikationsstrategie. Studien untermauern, dass eine Änderung des Verhaltens eine Modifikation der inneren Einstellung bewirken kann.Motiviert man beispielsweise Umweltsünder zur Mülltrennung, entwickelt ein beachtlicher Teil nach einiger Zeit eine ökologischere Gesinnung. Der Mensch ist bestrebt, seine Taten und Glaubenssätze in Einklang zu bringen. Regelmäßige, der inneren Haltung zuwiderlaufende Handlungen können folglich die eigene Weltsicht verändern. Darauf basiert die Legitimation unseres Big Data Projekts: Verhaltensmonitoring verknüpft mit Anreizsystemen schafft Verhaltensänderung und diese im nächsten Schritt die gewünschten Einstellungsänderungen in der Gesellschaft. Ich hoffe, die Kampagne geht auf.Florian Steiner und die Lage der WeltNach den USA liegen nun auch die Briten am Boden. Zahlreiche internationale Unternehmen sind in den EU-Raum oder nach Asien abgewandert. Hohe Arbeitslosigkeit und soziale Unruhen gehören zum Alltag. Russland ist post-Putin zwar noch nicht offiziell in mehrere Länder zersplittert, aber das Machtvakuum der Zentralregierung macht es immer schwieriger, die Russische Föderation zusammenzuhalten. Sinkender Ölpreis, schwacher Rubel und steigende Militärausgaben säen zusätzlich Zwietracht. Damit ist die Globalisierung endgültig zum Stillstand gekommen. Die Eurozone ist relativ autark und setzt, ähnlich wie Asien, verstärkt auf Integration innerhalb des Blocks. Umso wichtiger ist es, bei meinen europäischen Kollegen um Unterstützung für DARWIN zu werben. Die Zukunft verlangt neue Wege.Camille hat sich geweigert, mich zu begleiten. Die Differenzen in unseren Weltanschauungen werden zunehmend gravierender. Es fühlt sich fremd an, sie bei dieser entscheidenden Kampagne nicht an meiner Seite zu wissen. Ich vermisse ihre liebgewonnenen Marotten, sie dabei zu beobachten, wie sie vor dem Badezimmerspiegel die Zahnpasta direkt auf ihre Zähne statt auf die Bürste drückt. Die einsamen Frühstücke in leeren Hotelsuiten erzeugen ein Gefühl des Verlorenseins. Wie in Caspar David Friedrichs Der Mönch am Meer.
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